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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN152
matismus des Folgejahres 1845 überhaupt erstmals genannt wird, und
zwar ausschließlich als einer der k. k. wirklichen Hofkonzipisten der k. k.
allgemeinen Hofkammer – wohnhaft übrigens am Franziskanerplatz 920.514
Wie und warum Kaiser Ferdinand gerade auf ihn aufmerksam wurde und
Geringer zu diesem einflussreichen Dienst berief, ist ebenso unklar wie die
Gründe für Buchholz’ Ablöse. Am 28. Mai 1848 holt ihn der nach Innsbruck
geflüchtete Kaiser Ferdinand zu sich und überträgt ihm (halboffiziell) die
Agenden eines Privatsekretärs. Diese Position bringt es mit sich, dass er
gleich nach der Thronentsagung in Olmütz die Kassen Ferdinands sowie
alle Rechnungsgeschäfte seines Hofes übertragen bekommt. Mitte Februar
1849 bittet der abgedankte Monarch seinen Nachfolger Franz Joseph, dass
„der provisorisch schon seit mehreren Jahren hier verwendete“ Geringer auf-
grund seiner „Redlichkeit, Genauigkeit und Geschicklichkeit“ zu seinem k. k.
Hof- und Privatsekretär mit einem Jahresgehalt von 2.000 fl. samt Quar-
tiergeld oder freier Wohnung ernannt werde. Das Kaiserpaar benötige „für
die Hausgeschäfte, Rechnungen und Kasse unerlässlich einen Sekretär“ und
sei mit der bisherigen Dienstleistung Geringers vollkommen zufrieden. Der
stellvertretende Obersthofmeister Karl Ludwig Graf Grünne entgegnet, dass
hierfür Rücksprache mit dem Finanzministerium zu halten sei, von dem je-
doch die stete Aufforderung käme, neue Personalausgaben tunlichst zu ver-
meiden und „alle nur immer möglichen Einschränkungen und sogar eingrei-
fende Reformen bei dem systemisirten Hofhaushalte vorzunehmen“. Grünne
bittet diesbezüglich daher den Zeitpunkt der Dotationsbestimmung für
Ferdinand abzuwarten. Finanzminister Philipp von Krauß erklärt schließ-
lich, dass Geringer seit seiner Abberufung nach Innsbruck beinahe keine
Dienste mehr für das Ministerium geleistet habe. Selbiger habe mittlerweile
auch keine Hofanstellung mehr, sondern sei bei Ferdinand „in Privatver-
wendung“. Die Frage nach seinem Dienstgeber würde zukünftig nach erfolg-
ter Trennung in zwei separate Hofstaate ohnehin gelöst sein. Ohne diese
zähen Verhandlungen abzuwarten, ernennt Kaiser Ferdinand Geringer mit
1. Mai 1850 offiziell zu seinem Privatsekretär. Sein Gehalt wird ab nun von
der ferdinandeischen Privatkasse in Prag bezahlt.515 Der außergewöhnliche
Aufstieg Geringers setzt sich weiter fort. Bereits im Februar 1852 sucht das
Kaiserpaar bei Franz Joseph um die Verleihung des Titels und Charakters
514 Ob „unser“ Franz Geringer mit dem gleichnamigen, in den Schematismen der Jahre zuvor
genannten „äußeren Stadtrath, wohnhaft in der Stadt 890“ identisch ist, lässt sich nicht
beantworten. Der gleichnamige Amtsdiener-Gehilfe in der k. k. Hofbuchhaltung politischer
Fonds lebte zeitgleich zu ihm.
515 Prag, Narodni Archiv, hofmistra cisare Ferdinanda I., Rubr. 12/2, Kt. 18 Akten zu Gerin-
ger.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken