Page - 206 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN206
Abschließend noch einige neue Erkenntnisse zum Schicksal der noch lange
nach dem Tod Franz’ I. in seinem Arbeitskabinett aufbewahrten Archivalien,
das der Historiker Fritz Reinöhl schon 1937 in seinem Abriss zur Geschichte
des habsburg-lothringischen Familienarchivs ansatzweise thematisierte.670
Im Paragraph 16 seines Testaments hielt der Kaiser fest, dass die dort be-
findlichen dienstlichen Akten von den privaten Papieren zu trennen und ih-
rer Bestimmung zu übergeben d. h. an die betreffenden Behörden zur weite-
ren Bearbeitung auszuhändigen seien. Dies scheint wohl auch geschehen zu
sein. Der große, in mehreren Nussholzkästen gelagerte Rest, – also die pri-
vaten Papiere, das eigentliche kaiserliche Handarchiv –, für deren Ordnung
Sorge zu tragen Khloyber sich so oft gerühmt hatte, verblieb jedoch an Ort
und Stelle. Da Franz I. diesen Bestand nicht explizit als zum Fideikommiss
zugehörig bestimmt hatte, war sein weiteres Schicksal im Zuge der Inventa-
risierung des Fideikommisses auch nicht thematisiert worden.
Khloyber erhält erst im Februar 1865 die Nachricht, dass Franz Joseph
im Einvernehmen mit dem Vizedirektor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs,
Alfred von Arneth, angeordnet habe, dass „ausführliche chronologisch geord-
nete Kataloge über sämmtliche in der Allerhöchsten Fideicomiss- und Pri-
vatbibliothek vorhandenen Manuskripte und Correspondenzen“ anzulegen
seien.671 Hierbei handelt es sich um den im Arbeitszimmer gelagerten und
von Khloyber möglicherweise mitverwalteten Bestand. Schon im Juli des-
selben Jahres verfügt Franz Joseph, dass alle in der Bibliothek befindlichen,
aber nicht zum Fideikommiss gehörenden Akten und Korrespondenzen
„ohne Unterschied“ an Arneth zu übergeben seien, welcher „die Sortirung
dieser Schriftstücke allsogleich vornehmen und über die mit denselben zu
treffenden ferneren Verfügungen Seiner Majestät unmittelbar Vorschläge
erstatten wird“.672
Die Ursache für das plötzliche Interesse am Handarchiv Kaiser Franz’ I.
liegt drei Jahre zurück. Anfang Februar 1862 hatte Arneth von Franz Jo-
seph die Erlaubnis erhalten, für seine ab 1863 in 10 Bänden erschienene „Ge-
schichte Maria Theresia’s“, die „hierauf Bezug habenden in der a.h. Privat-
Bibliothek verwahrten Original-Korrespondenzen und sonstigen Materialen“
benützen zu dürfen.673 Für Arneth war unter anderem auch der im Hand-
archiv befindliche Briefwechsel zwischen Maria Theresia und ihrer Tochter
Marie Antoinette von besonderer Bedeutung. Diesem Bestand kam während
der Arbeit an dem mehrbändigen Werk allerdings besondere Bri sanz zu, da
670 Reinöhl, Familienarchiv, 31–35.
671 FKBA26083, fol. 2r.
672 Ebenda, fol. 4r.
673 FKBA26074.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken