Page - 208 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN208
Hinsichtlich der Aufforderung zur Abtretung der Papiere vom Juli 1865
meldet Khloyber an den Fideikommisskurator Erzherzog Leopold, dass
1.112 teils sehr voluminöse Faszikel – jedoch nicht aus der Privatbibliothek,
sondern aus dem Arbeitskabinett – am 6. und 7. Juli an Arneth übergeben
worden seien. Als für die ordentliche und übersichtliche Archivierung dieser
Bestände zu Lebzeiten des Kaisers Franz zuständig, sei es nach dessen Tod
am 2. März 1835 seine Aufgabe gewesen „schon am nächsten Morgen die
überaus zahlreichen, einer allerhöchsten Erledigung harrenden Acten, un-
mittelbar theils in die Hände weiland […] Erzherzogs Ludwig und auf höchst
Seinen Befehl zum Theil dem Staats- und Conferenz-Minister Grafen Ko-
lowrat zu übergeben“.678 Der Rest – die zuvor erwähnten, in 13 Kästen aufbe-
wahrten 1.112 Faszikel – seien bis dato dort verblieben und bestünden aus
der kaiserlichen Briefkorrespondenz mit Familienmitgliedern und anderen
Souveränen sowie aus Schriften einiger Vorfahren des Kaisers. Weiters aus
einer großen Menge an Vorträgen, Berichten und Anzeigen die Staatsver-
waltung betreffend und zu guter Letzt aus den eigenhändig geführten Rei-
senotizen des Kaisers aus dem Zeitraum 1792 bis zu seinem Tod.679 Dem
Khloy ber’schen Bericht liegt ein ausführliches Verzeichnis der Kastenin-
halte bei, das allerdings noch von der Hand seines Vorgängers Peter Tho-
mas Young stammt.680 Arneth ließ diesen Bestand jedoch nicht geschlossen
bestehen, sondern zerteilte ihn gemäß der Anzahl an Hofstellen und behör-
den, denen die Akten zuzuteilen waren, in zehn Gruppen.681 Damit war die-
ser Teil des franziszeischen Nachlasses aber immer noch nicht vollständig
aufgearbeitet. Ein weiterer Bestand – die sogenannten „vertraulichen Ak-
ten“ – dürfte Kaiser Franz I. in nächster Nähe zu seinem Arbeitszimmer
aufbewahrt haben. Reinöhl berichtet, dass diese erst 1878 anlässlich von
Baumaßnahmen in der Hofburg „in mehreren bis dahin versperrten Kästen
aufgefunden [wurden], die sich auf einem Gang befanden, der an die leer-
stehenden ehemaligen Gemächer Franz’ I. (II.) anstieß.“ Dass Khloyber Ar-
neth nicht auch diese Akten 1865 zur Sichtung übergeben hatte, lässt sich
Reinöhls Meinung zufolge nur damit erklären, „daß ihr Vorhandensein auch
Khloyber unbekannt war“.682 Vielleicht hat sie ihm der Bibliotheksvorsteher
aber auch bewusst vorenthalten. Die Beschäftigung mit diesem Schriften-
678 FKBA26083, fol. 6v.
679 Die Reisenotizen (Tagebücher) liegen sowohl im Original, als auch in den Reinschriften von
Joseph Ott vor; vgl. auch Huber-Frischeis/Knieling/Valenta, Privatbibliothek, 166–176.
680 FKBA26083, fol. 7r–v; der es umgebende Papierumschlag ist von Franz I. eigenhändig mit
„Verzeichnisse der in meinen Kästen befindlichen Schrifften und darauf sich beziehende
Vormerkungen“ betitelt; vgl auch Huber-Frischeis, Privatbibliothek, 23f.
681 Reinöhl, Familienarchiv, 32.
682 Reinöhl, Kabinettsarchiv, 142; vgl. auch Huber-Frischeis, Privatbibliothek, 24.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken