Page - 240 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN240
Becker etwa schon im Dezember 1871 an Oberstkämmerer Folliot de Crenne-
ville mit der Bitte, man möge von den beiden von Louis Jacoby im Auftrag des
Kaisers gestochenen Porträts des Kaiserpaares (nach den berühmten Gemäl-
den von Franz Xaver Winterhalter) je ein Exemplar der Porträtsammlung
zukommen lassen. Dieser antwortet umgehend, dass „in dem betreffenden
Vertheiler […] längst auf die seinerzeitige Betheilung der Allerhöchsten Pri-
vatbibliothek Bedacht genommen worden“ sei.753 Zu welchem Ziel diese An-
strengungen führen könnten, demonstriert Becker im Februar 1876 mit ei-
nem von ihm „bis auf das letzt erschienene Bild“ zusammengestellten und für
die Privatbibliothek bestimmten „Album der photographischen Porträte“ des
Kronprinzen Rudolf. Er würde sich „im Interesse dieses der Weiterentwick-
lung nicht unwerthen Versuches glücklich schätzen, wenn Seine Majestät die
Gnade hätte, davon Einsicht zu nehmen.“754 Becker versucht also den Kaiser,
so oft es geht, in wichtige Prozesse zu involvieren, um den Monarchen für die
Sache zu begeistern und damit vielleicht seine Gunst zu erhalten.
Die Vergrößerung und Komplettierung des übrigen Teils der Porträt-
sammlung, wie sie der sechste Punkt vorsieht, vollzog sich nach dem Vorbild
der schon unter Kaiser Franz I. 1828 durchgeführten Akquisitionskampa-
gne, so wie Becker es im Arbeitsprogramm vorgeschlagen hatte.755 Die „k. k.
Missionen im Ausland“ seien „durch ihre amtliche Stellung und socialen
Verbindungen“ am ehesten in der Lage, die gewünschten Bildnisse inter-
essanter und denkwürdiger Personen aufzutreiben, denn „in vielen Fällen
führt schon die Äußerung des Wunsches zum Erfolg“. Auch hier konzent-
riert sich Becker auf fotografische Abbildungen „und zwar um solche, von
denen man voraussetzen kann, dass sie weniger verbreitet sind“.756 Dieses
Teilprojekt schläft jedoch sehr bald wieder ein. Dass man es überhaupt erst
1880, also relativ spät, endlich in Angriff nimmt, hängt wohl mit den Arbei-
ten am gedruckten Realkatalog zusammen.757 Erst nach der Einarbeitung
des ferdinandeischen Nachlasses (auch in den Katalog) widmete man sich
den Topografica und anschließend den Kunstsammlungen, zu welcher auch
die Porträtsammlung zählt. Wie Rainer Valenta ausführen wird, sollte der
Por trätband Beckers Vorstellungen nach ein wegweisendes Quellenwerk
werden und auch hinsichtlich des Bestandes möglichst lückenlos und aktuell
sein. An diesen Ambitionen scheiterte das Vorhaben aber schließlich.
753 FKBA27028; Franz Joseph Pg III/1/104 u. 104a, Elisabeth Pg III/3/100 u. 100a.
754 FKBA28024, vermutlich Pk 499.
755 Zu 1828 siehe FKBA29051; zur Vorgeschichte vgl. auch Anm. 720.
756 FKBA27003.
757 Vgl. dazu den Beitrag von Valenta in diesem Band, Abschnitt 1.3.3.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken