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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM450
eine Gehaltsverbesserung und die Verleihung des Titels eines Kustos oder
kaiserlichen Rates.56 Doch darauf konnte zunächst, wie Chertek sich aus-
drückte, „in dem gegenwärtigen Euerer Wolgeboren nicht unbekannten vor-
bereitenden Stadium einer Reorganisierung der Bibliothek nicht eingegan-
gen“ werden.57 Denn mit 1. Jänner 1907 trat ein neues „Regulativ über den
Personalstand und die Besoldungen der Beamten und Diener der Fideicom-
miss-Bibliothek“ in Kraft, das der Kaiser mit Entschließung vom 21. Sep-
tember 1906 genehmigt hatte. Schnürer wird darin zum „Bibliothekar und
Vorstand“, Jurezcek zum Kustos ernannt.58 Vier Jahre später wurde das
„Regulativ“ noch einmal erneuert, wobei allerdings nur die Quartiergelder
erhöht wurden.59 Am 26. Juni 1912 wurde Schnürer schließlich zum Direk-
tor befördert, ohne dass damit eine Änderung in seinen Bezügen verbunden
war.60
Der Status, den Karpf und Schnürer innerhalb der Bibliothek erreich-
ten, war nicht der gleiche, wenngleich beide als soziale Aufsteiger im Rah-
men ihrer beruflichen Karriere betrachtet werden können. Diese Differenz
war sowohl die Folge ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten als auch,
und zwar mehr noch, ihrer Beziehung zu Generaldirektor Emil von Cher-
tek. Der etwas weltfremde und zugleich ängstliche Alois Karpf wurde von
seinem Vorgesetzten nämlich nicht sehr geschätzt und hatte es zugleich
schwer, sich gegenüber den ihm untergebenen Beamten den nötigen Res-
pekt zu verschaffen. Andererseits konnte Schnürer bereits gegen Ende der
1890er Jahre eine besondere Vertrauensbasis zu Chertek aufbauen und dis-
kutierte mit diesem hinter Karpfs Rücken zahlreiche für die weitere Ent-
wicklung der Fideikommissbibliothek wichtige Themen. Diese um die Jahr-
hundertwende typische Situation innerhalb der Sammlung begleitete eine
für ihre zukünftige Ausgestaltung prägende Phase. Überhaupt kann man
sagen, dass durch den Umstand, dass die Sammlung vor Schnürers Über-
nahme der Leitung keine kompetente, integrative und durchsetzungsfähige
Führungspersönlichkeit besaß, vieles von Zufällen und vom Wechselspiel
der Aktivitäten mehrerer Akteure abhing. Denn hinter und neben Karpf
und Schnürer gab es noch eine Reihe anderer mehr oder weniger interes-
56 FKBA37133, fol. 3r.
57 FKBA37133, fol. 10v.
58 FKBA37170.
59 FKBA38261, gültig ab 01.01.1911 nach Entschließung vom 18.11.1910. Generaldirektor
Hawerda-Wehrlandt hatte daraufhin bestimmt, dem Kaiser für die „allergnädigst zuge-
wendeten mehrfachen Benefizien“ in einer Audienz am 12.12.1910 zu danken, bei der die
Vorstände der Fondsadministrationen (und somit auch Schnürer) in Paradeuniform anzu-
treten hatten (fol. 5r).
60 FKBA40059.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken