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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM708
Fideikommissbibliothek zu stellen und die notwendige Garantie-Erklärung
dafür abzugeben.1012
Ein weiterer Grundsatz bei der Genehmigung von Entlehnungen, der
ebenfalls auf Becker zurückgeht, betrifft nur vervielfältigte Werke (ge-
druckte Bücher und Grafiken): Die Fideikommissbibliothek sollte diese nur
dann zur Verfügung stellen, wenn sie nicht in öffentlichen Sammlungen
vorhanden und auch nicht im Handel erhältlich wären.1013 Mitunter kam es
vor, dass Gesuche deswegen an die Hofbibliothek abgetreten wurden1014 oder
dass die Bittsteller damit argumentierten, dass die gewünschten Werke nir-
gendwo sonst als in der Fideikommissbibliothek greifbar wären.1015 Nach der
Jahrhundertwende dürfte dieses Prinzip für den Verleih aber keine Rolle
mehr gespielt haben, es taucht jedenfalls nicht mehr in der Argumentation
bei abschlägigen Bescheinigungen auf.
Das Wissen darüber, unter welchen Umständen es möglich war, Samm-
lungsgegenstände aus der Fideikommissbibliothek zu entlehnen, verbreitete
sich bestenfalls informell. Eine offizielle Satzung dazu hat es niemals ge-
geben. Als etwa der Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen „um
geneigte Zuwendung eines Exemplars der Ausleihordnung der k. k. Fidei-
commissbibliothek“ bat, ließ Karpf ausrichten, dass diese „eine Privatbib-
liothek ist, und dass die Entscheidungen über das Ausleihen der Werke
nur von Fall zu Fall von Seite der Bibliotheksleitung getroffen werden kön-
nen.“1016 Diese Formulierung trifft insofern für den geamten Zeitraum von
den ersten Entlehnungen in den 1860er Jahren bis zum Ersten Weltkrieg zu,
als die Entscheidungen für die Genehmigung von Entlehnungen teilweise
völlig willkürlich vom jeweiligen Bibliotheksleiter getroffen wurden. Es gibt
Fälle, deren Ausgangssituation ganz ähnlich gelagert war, die aber ganz
unterschiedlich behandelt wurden.1017 Bei der Ablehnung von Gesuchen ar-
gumentierte man manchmal damit, dass die Fideikommissbibliothek keine
1012 FKBA35146.
1013 Vgl. FKBA31011.
1014 FKBA33103, FKBA35016, FKBA36053.
1015 FKBA35136, FKBA37168, FKBA38184.
1016 FKBA35013, fol. 1r u. 3r.
1017 Karpf hatte die Versendung von Büchern an eine Privatperson 1898 noch abgelehnt,
sich aber 1902 dazu bereiterklärt (FKBA35136, FKBA36126). 1908 genehmigte Schnü-
rer den Verleih von Büchern an die Realschule in Bozen, 1912 war er dazu gegenüber
der Fachschule für gewerbliches Zeichnen in Bregenz nicht mehr bereit (FKBA38084,
FKBA40070). 1910 argumentierte er gegenüber der Freiherrlich Carl von Roth-
schild’schen öffentlichen Bibliothek in Frankfurt a. M., dass „gedruckte Werke […] nur
in Ausnahmefällen und nur an inländische Bibliotheken leihweise versendet werden“
(FKBA38238, fol. 1r), wohingegen Bücher kurze Zeit später sehr wohl an eine deutsche
Bibliothek versandt wurden (FKBA41022).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken