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BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 715
ten Aktenkorrespondenz unverkennbar ersichtlich und vermutlich war er
auch die treibende Kraft für die zunächst entgegenkommende Haltung der
Sammlung gegenüber den Anliegen des Münchner Verlegers. Bruckmann
hatte sich bei einer späteren Anfrage auch dezidiert dahingehend ausgespro-
chen, dass sie von Karpf bearbeitet werden sollte, und ihm in diesem konkre-
ten Fall die Auswahl der abzubildenden Porträts überlassen.1038
Wichtig in unserem Zusammenhang ist der Umstand, dass sich im Rah-
men des Kommunikationsprozesses zwischen Alphons Bruckmann und der
Fideikommissbibliothek die intensive Nutzung von Beständen der Samm-
lung für Reproduktions- und Abbildungszwecke anscheinend schrittweise
entwickelte und dabei auch gleichzeitig die Usancen, wie diese praktisch ab-
zuwickeln war, für die Zukunft definiert wurden. Der Verleger war daran in-
teressiert, für das von ihm hergestellte Werk möglichst seltene und wertvolle
Bildnisse aufzutreiben;1039 und als Fundus für diesen Bedarf war die Por-
trätsammlung der Fideikommissbibliothek natürlich prädestiniert. Neben
dem enormen Umfang waren es vor allem das Know-how der Beamten und
die physische Ordnung und Katalogisierung der Porträtblätter nach darge-
stellten Personen, die die Sammlung für Bruckmann auch als Informations-
quelle prinzipiell interessant machten.1040 Vermutlich wurde vonseiten der
Fideikommissbibliothek von Anfang an kommuniziert, dass Grafiken für Re-
produktionszwecke nur dann freigegeben würden, wenn sie in öffentlichen
Sammlungen nicht verfügbar wären. Damit war abgesehen von organisatori-
schen Gründen – die Aufnahmen mussten in Wien angefertigt werden – eine
gewisse Hemmschwelle gegeben.
Die erste Grafik aus der Fideikommissbibliothek, die im Porträtwerk des
Münchener Verlages (1885) publiziert wurde, war ein von Bartholomäus Ki-
lian nach Adrian Bloem gestochenes Bildnis von Jan Sobieski.1041 Vermutlich
wurde die fotografische Reproduktion von der Sammlung selbst zur Verfü-
gung gestellt, da nichts darauf hindeutet, dass sie im Auftrag des Verlages
in Wien hergestellt oder dass das Blatt nach München gesendet worden war.
Die Umsetzung im Druck führte jedenfalls zu einer ersten gröberen Verstim-
mung bei Bibliotheksdirektor Becker, da sie erfolgte, „ohne dass die an die
Bewilligung zur Reproduction geknüpfte Bedingung, auf dem reproducierten
1038 FKBA30102, fol. 26v–27r.
1039 Vgl. FKBA30102, fol. 2r, 15v u. 31r.
1040 Die Recherchen des Verlagsmitarbeiters Fritz Schwartz in der Porträtsammlung dienten
beispielsweise nicht primär der Suche nach bestimmten Porträts für die Publikation, son-
dern dem Anlegen von Verzeichnissen, „welches Material an den für uns in Frage kom-
menden Porträts in Wien vorhanden ist, um im Nothfalle auf dieses oder jenes Porträt
zurückgreifen zu können“. (FKBA30102, fol. 43v, vgl. auch 21v).
1041 ÖNB, BAG, Inv.-Nr. PORT_00066681_01; vgl. FKBA30102, fol. 14–17.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken