Page - 798 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM798
Arbeit war in der Tat berechtigt: Die Einteilung der Klassen und die Auf-
nahme und Zuordnung der Titel sind vielfach nicht nachvollziehbar, teil-
weise sogar absurd, und der praktische Nutzen der verzeichneten Literatur
für die Arbeit in der Porträtsammlung ist meist nicht erkennbar.1366 Dafür
waren laut Schaffer nur zwei Kategorien von Literatur von Belang: „a) die
Bücher […], welche die Frage nach den Lebensumständen der Porträtierten
beantworten, und b) solche Werke […], welche die Frage nach der Proveni-
enz des Bildes und der Künstler, die es schufen, beleuchten.“1367 Diese grobe
Einschätzung muss aber auch von Alois Karpf geteilt worden sein, wie aus
seinen eingangs zitierten theoretischen Äußerungen zum „Hilfsapparat“
hervorgeht. Der Ausgangspunkt für seine Arbeit an der Umsetzung und
Weiterentwicklung desselben war also wohl ein in der Fideikommissbiblio-
thek allgemein akzeptiertes Bedürfnis; die eigenartigen Früchte, die die Ar-
beiten Karpfs trugen, sind hingegen aus seiner Persönlichkeit zu erklären.
Es waren die von Becker schon 1883 konstatierte Neigung „zum abstrakten
Gelehrtenthum“ und „eine gewisse Schwerfälligkeit im Denken, wo es sich
um practische Dinge handelt“, die die Ausrichtung und die Ergebnisse von
Karpfs Tätigkeit bestimmten.1368 – Es erstaunt nicht, dass Schaffer auch am
eigentlichen „Hilfsapparat“ Karpfs beißende Kritik übte, wenngleich er auf
diesen nicht so detailliert einging wie auf das erwähnte „Verzeichnis“. Nach
der Einschätzung des ersten Kustos hätte sich die „Bibliothek […] mit die-
sem Apparate nie identifiziert und es ist nirgends weder in den Acten noch
in der Tradition die Anerkennung desselben als Bibliotheksapparat aus-
gesprochen“; er würde folglich von den Beamten weder benutzt noch wäre
er für den praktischen Gebrauch in der Sammlung geeignet: Das „System
[wäre] ein so compliciertes und verwickeltes, dass man sich beim besten
Willen darin nicht zurechtfinden kann.“1369 Neunzehn Jahre später gelangte
Franz Schnürer kurz nach der Pensionierung von Alois Karpf zu einer ähnli-
chen Bewertung: „Es ist weder dem seinerzeit Dr. K[arpf] unterstellten Per-
sonale noch je einer anderen, diesem Personale bekannten Persönlichkeit
gelungen, sich in den Irrungen dieses umfänglichen ‚Apparates‘ zurechtzu-
finden.“1370
1366 Es werden u. a. auch „Literaturausweise […] über Architektur, Baukunst und Kunstge-
werbe“ zitiert (vgl. FKBA31100, fol. 19r–v); ein Mangel, der sowohl das „Verzeichnis“ wie
auch den „Hilfsapparat“ betraf und deren Verwendbarkeit einschränkte, war, dass Karpf
keine einheitlichen Schreibweisen und Prinzipien bei geographischen Einträgen verwen-
dete (vgl. FKBA31100, fol. 18r–v).
1367 FKBA31100, fol. 15r–v.
1368 FKBA30087, fol. 2v; vgl. Abschnitt 1.2.2.
1369 FKBA31100, fol. 23r u. 24r.
1370 FKBA37124, fol. 38r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken