Page - 807 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 807
ein Jahr in Anspruch nahm. Als nicht identifizierbar erwiesen sich dabei
die Bildnisse von dreizehn Personen, deren Zugehörigkeit zum sächsischen
Königshaus man jedoch zurecht vermutete. Schnürer ließ daraufhin Foto-
grafien nach den Miniaturen anfertigen und zur Bestimmung nach Dresden
senden, wo die Aufgabe erfolgreich gelöst werden konnte. Für die Rückstel-
lung der Miniaturen und die Übergabe des Ergebnisberichtes erbat sich der
Bibliotheksleiter Anfang des Jahres 1912 eine Audienz beim Erzherzog.1405
Abgesehen von diesen „höchsten“ Aufträgen und den „diensthöflichen“ An-
fragen wandten sich auch Privatpersonen an die Fideikommissbibliothek
mit der Bitte um Auskunft zu Bildnissen und wurden dabei ebenfalls nicht
abgewiesen. Die allererste dokumentierte Anfrage zwecks Bestimmung ei-
nes Porträts wurde sogar von privater Seite gestellt, nämlich vom Antiquar
Ludwig Rosenthal aus München im Jahr 1886.1406 Natürlich war der Kreis
solcher Privatpersonen ziemlich heterogen: von hohen Standespersonen
auf der einen Seite bis zu sonst nicht nachweisbaren Personen. In einigen
Fällen wandten sich die Auskunft-Suchenden zunächst an verschiedene an-
dere Institutionen (an Hofämter, an das Haus-, Hof- und Staatsarchiv, das
Kunsthistorische Museum, die Hofbibliothek etc.) und wurden von diesen
an die Fideikommissbibliothek verwiesen. Die Identität der dargestellten
Personen konnte meist aber auch dort nicht festgestellt werden, wenn es
sich meist um gezeichnete Porträts von Unbekannten handelte, für die kein
Vergleichsmaterial vorhanden war. Zwei interessante Fälle mögen hier ab-
schließend referiert werden. 1895 übersandte der großherzoglich-sächsische
Schlosshauptmann und Kommandant der Wartburg, Hans von Cranach,
eine Fotografie nach einem Porträtgemälde seines berühmten Ahnen, das
einen Vliesritter darstellte. Die Person konnte in der Fideikommissbiblio-
thek nicht identifiziert werden, die Reproduktion behielt man, wie in den
meisten anderen Fällen, in der Sammlung.1407 Das zweite Beispiel ist ein
Aquarell, von dem der Rektor einer Bezirksschule im Aargau in der Schweiz
im Jahr 1900 eine „Copie“ zur Bestimmung an die Fideikommissbibliothek
sandte. Nach Auskunft des Besitzers sollte es die Herzogin von Angoulême
(1778–1851), die Tochter Ludwigs XVI., darstellen, die, einer Familientra-
dition folgend, gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Gasthaus der Eltern
seiner Frau Quartier genommen hatte. Nach einem Vergleich mit den in der
Porträtsammlung vorhandenen grafischen Bildnissen der Herzogin bestä-
1405 FKBA39094.
1406 FKBA31054. Von seinem mutmaßlichen Nachfolger, Jacques Rosenthal, stammt eine wei-
tere Anfrage aus dem Jahr 1899 (FKBA35207).
1407 FKBA34163.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken