Page - 820 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM820
lich zu einem Habsburgermuseum weiterzuentwickeln, dem er selbst vorste-
hen sollte.
Zusammenfassend kann man also festhalten, dass die Richtlinien in Schnü-
rers „Regulativ“ zur Erwerbungspolitik der Fideikommissbibliothek die
Folge seiner Bemühungen um die Gründung eines Habsburgermuseums wa-
ren. Ebenso wie dieses Projekt nie die Phase seiner konkreten Umsetzung
erreichte, spielten die Vorgaben des „Regulativs“ für die gezielte Vermeh-
rung der Bestände künftig anscheinend keine wesentliche, jedenfalls aber
keine zwingende Rolle. Bevor ich die komplizierte Entwicklung der Konzep-
tion des Habsburgermuseums im Detail darstelle, sollen zwei Aspekte nä-
her beleuchtet werden, die gewissermaßen das ideelle und materielle Fun-
dament dazu bilden könnten. Zunächst stellt sich nämlich die Frage, ob man
sich in der Fideikommissbibliothek gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit
der Geschichte der Sammlung und vor allem mit ihrer Entstehung beschäf-
tigt hat. Im Zuge der Aufarbeitung dieser Thematik wäre ja immerhin zu
erwarten, dass sich Ansichten über den ursprünglichen Zweck und das beab-
sichtigte Profil der Sammlung herausgebildet hätten. Und schließlich bedarf
es auch einer näheren Untersuchung, welche Bestände tatsächlich vorhan-
den waren, die den Grundstock einer Habsburgersammlung hätten abgeben
können, und auf welche Weise diese Bestände in die Fideikommissbibliothek
gelangt waren.
3.1.2 Die interne Re-Konstruktion der Sammlungsgeschichte
Die Aufarbeitung der eigenen Sammlungsgeschichte beschäftigte die Beam-
ten der Fideikommissbibliothek seit den 1870er Jahren, zunächst recht zö-
gerlich, um in den folgenden Jahrzehnten eine kontinuierliche und immer
dichter werdende Folge von Arbeiten zu diesem Thema hervorzubringen.
Das mag damit zusammenhängen, dass mit dem Auftreten Beckers eine
Wiederbelebung und Neubestimmung des Institutes eingeleitet worden war.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass damals bereits mehr als achtzig
Jahre seit der Gründung der Sammlung vergangen waren, dass also jene
Personen, die mit dem Stifter oder mit dem ersten Bibliothekar noch unmit-
telbar zu tun hatten, großteils tot waren. Nach Jan Assmann beginnt nach
dem Verfließen einer solchen Zeitspanne die Wirksamkeit des kulturellen
Gedächtnisses, durch das sich Geschichte im Zuge der Herausbildung von
Narrativen gewissermaßen objektiviert.1447 Durch die Mechanismen seiner
Entstehung, Überlieferung und gesellschaftlichen Funktion würde es sich
1447 Assmann, Gedächtnis, 48–56.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken