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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM872
3.3 Schnürers Plan eines Habsburgermuseums
Franz Schnürers Konzept für ein Habsburgermuseum entstand kurz vor
der Jahrhundertwende. Für dessen Entstehung waren anscheinend eine
ganze Reihe von Motiven und Inspirationsquellen ausschlaggebend. Wie aus
der an unterschiedlichen Orten überlieferten Korrespondenz maßgeblicher
Hofstellen hervorgeht, waren das im Zuge des Hofburgneubaues dringlich
gewordene Problem der räumlichen Unterbringung der Sammlung und der
damit in Verbindung stehende Diskurs um ihre weitere Zukunft (vgl. Ab-
schnitt 1.5.2) von grundlegender bzw. ursächlicher Bedeutung in diesem Zu-
sammenhang. Außerdem hing Schnürers Idee eines Habsburgermuseums
aufs engste mit dem ebenfalls von ihm verfassten und bereits im ersten Ab-
schnitt dieses Kapitels ausführlich besprochenen „Entwurf eines Regulati-
ves für den Ankauf von Büchern und Porträten in der k. u. k. Familien-Fidei-
komiß-Bibliothek“1641 zusammen, nach dem die Sammlung durch gezielte
Erwerbungspolitik allmählich den Charakter einer „Bibliotheca Habsbur-
gica“ gewinnen sollte (vgl. Abschnitt 3.1.1). In einer Umbruchsphase wollte
sich der ehrgeizige Skriptor anscheinend mit Vorschlägen zur „Neupositio-
nierung“ der Fideikommissbibliothek profilieren; und nicht zuletzt war das
Habsburgermuseum deshalb für Schnürer eine Art Vehikel, durch das er
seine sich ansonsten nicht abzeichnenden Karrierechancen wahren wollte.
Die Voraussetzungen für diese Initiative waren das Vertrauen, das er bei
Generaldirektor Emil von Chertek genoss, und der daraus resultierende
unmittelbare Austausch mit diesem. Beides zeugt von Schnürers Talent,
vorteilhafte Kontakte zu knüpfen, sich mit einflussreichen Personen zu ar-
rangieren und bei diesen den Eindruck eines sehr brauchbaren und kompe-
tenten Menschen zu erwecken. Damit soll übrigens nicht ausgedrückt wer-
den, dass er derartige Eigenschaften nicht tatsächlich besaß.
Es existieren mehrere Denkschriften Schnürers zum Habsburgermu-
seum, deren älteste mit Jänner 1899 datiert und von Schnürer unterzeichnet
ist.1642 Der Verfasser muss sie bereits kurz nach seiner Fertigstellung dem
Jahre 1866, den er fälschlicherweise Erzherzog Karl Ludwig, dem Bruder von Kaiser
Franz Joseph, zuschrieb, als dessen Autor aber Erzherzog Rainer (1783–1853) iden-
tifiziert wurde. Er handelt von den Konflikten bezüglich der Ansprüche auf ehemals
habsburgischen Besitz in Italien (ein Transkript des Schriftstücks liegt dem Akt bei:
FKBA39034, fol. 8r-v). Das Angebot wurde zunächst an das Haus-, Hof- und Staatsarchiv
weitergeleitet, das aber ebenfalls kein Interesse an der Erwerbung hatte, und schließlich
an den gleichnamigen Sohn des Erzherzogs Rainer, der den Brief ankaufte (FKBA39034,
fol. 8–13).
1641 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF, J.R., R. 5, Kt. 535, Z. 4350 ex. 1900; FKBA37193, fol. 2–5.
1642 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF, S.R., Kt. 17,2, Z. 1450 ex. 1899: Memoire Schnürers zum
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken