Page - 875 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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GENESE EINER HABSBURG-LOTHRINGISCHEN FAMILIENSAMMLUNG 875
was geeignet ist die Geschichte u. die Wirksamkeit d. erlauchten Habs.-
lothr.
Familie, insbesondere in ihren Beziehungen zu den Ländern u. Nationen,
welche zur Monarchie gehören, nach irgendeiner Seite zu illustrieren.“1650
Die propagandistische Funktion des geplanten Museums wird im Übrigen
vollkommen evident, wenn Schnürer erklärt, dass Historiker darin „eine
Rüstkammer zur Bekämpfung u. Widerlegung so mancher tendenziöser Ge-
schichtsfälschung fänden“.1651 Als Adressaten der Ausstellung waren im Üb-
rigen sowohl Fachkreise als auch breitere Bevölkerungsschichten gedacht.
Nachdem Schnürer diese eindeutige politische Programmatik für sein
Vorhaben formuliert hat, kommt er auf konkrete Objektklassen zu sprechen,
die für das Habsburgermuseum geeignet wären. Vieles davon liest sich wie
ein Inventar über die Bestände der Fideikommissbibliothek:
„Als Unterlage wäre eine Bibliothek nöthig, welche eine möglichst vollstän-
dige Biographie des Hauses Habsb. im weitesten Sinne darstellen müßte,
weiters eine Porträtgalerie, nicht nur d. Regenten, sondern möglichst aller
Glieder d. habsb. Familie. […] zahlreiche an sich vielleicht minder werthvolle,
aber durch den Gebrauch seitens hervorragender Personen aus dem Kaiser-
hause bedeutsame Gegenstände […] Arbeiten, besonders Jugendarbeiten,
Unterrichtsbehelfe, literarische, wissenschaftliche od. künstlerische Producte
einzelner Glieder d. Hauses H[absburg] […] Und anderseits die Zeichen d.
Liebe u. Treue d. Volkes, die sich äußern in Widmungen u. Adressen zu allen
freudigen und leidvollen Ereignissen im Leben seiner geliebten Herrscher, so-
wie in den Monumenten und Denkzeichen, welche patriotische Begeisterung
u. Dankbarkeit in so großer Zahl gestiftet haben.“1652
Zwei Dinge sind hier kaum zu verkennen: dass nämlich Schnürer (1) sein
Konzept inhaltlich voll und ganz auf die Fideikommissbibliothek als logi-
schen „Erinnerungsraum“ für die Implementierung des Habsburgermuseums
ausgerichtet hatte, und dass (2) sein etwa gleichzeitig verfasstes „Regulativ“
für die künftige Erwerbungspolitik der Sammlung genau dem Zweck dienen
sollte, ihr Profil und ihren Charakter für eben diese Funktion in progressi-
ver Weise weiterzuentwickeln. Diese hier erst latent erkennbaren Absichten
gerinnen auf den folgenden Seiten aber tatsächlich zu manifesten Aussagen.
Schnürer stellt zunächst in sendungsvollem Tonfall fest: „Und nun will es
ein günstiges Geschick – fast scheint es wie ein bestimmender Wink – dass
gerade jetzt fast alles das, was den Grundstock zu einem Museum nach der
1650 Ebenda, [fol. 2v].
1651 Ebenda, [fol. 3v].
1652 Ebenda, [fol. 2v–3r].
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken