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DIE „K. U. K. FAMILIEN-FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK“ IM ERSTEN WELTKRIEG 937
zum Landsturmdienst erhielt die Fideikommissbibliothek am 10. Jänner
1917. Polak kam im September 1919 aus der italienischen Kriegsgefangen-
schaft zurück.30
Ernst Hefel hingegen war aufgrund „eines beginnenden Lungenleidens“31
für den Waffendienst als untauglich eingestuft worden und verrichtete spä-
testens seit September 1916 als Einjährig-Freiwilliger den Kanzleidienst
beim Technischen Militärkomitée in Wien.32 Zu diesem Zeitpunkt stellte
Rudolf Payer von Thurn bei der Generaldirektion einen Antrag auf Enthe-
bung vom Militärdienst für Ernst Hefel, da Franz Schnürer aufgrund einer
attestierten Tuberkulose-Erkrankung einen sechsmonatigen Krankenurlaub
eingereicht hatte33 und bis auf Bibliotheksdiener Johann Eigenberger und
Payer von Thurn niemand vom Stammpersonal mehr für den Dienst in der
Fideikommissbibliothek zur Verfügung stand. Zusätzlich zu den bibliotheka-
risch-bibliografischen Arbeiten hatte Payer von Thurn vorübergehend auch
die Agenden der Kunst- und Porträtsammlung von Ernst Hefel übernommen.
Eine Aufrechterhaltung des täglichen Betriebs in der Fideikommissbiblio-
thek war – Payer von Thurns Angaben zufolge – schwer möglich und insbe-
sondere die Anforderungen an die Porträtsammlung könnten dem öffentli-
chen Ruf der Bibliothek schaden, konstatierte Payer von Thurn: „Es ist leicht
zu ermessen, welch einen peinlichen Eindruck es gerade in Deutschland ma-
chen müßte, wenn ein wissenschaftliches Institut von dem Range und dem
Ansehen der k. u. k. Familien-Fideikommissbibliothek die meritorische, oft
viel Zeit und Mühe in Anspruch nehmende Beantwortung derartiger Anfra-
gen entweder stillschweigend unterlassen, oder mit Hinweis auf die durch
den Krieg geschaffene Lage ablehnen müßte“.34 Als Begründung wollte man
zunächst geltend machen, dass Hefels Anwesenheit für die Weiterführung
von anstehenden Arbeiten in der Fideikommissbibliothek unabdingbar sei
und er aufgrund seiner Untauglichkeit im Frontdienst nur für „rein mani-
pulative Arbeiten im k. u. k. Kriegsarchiv in Verwendung“35 stehe. Laut ei-
ner Auskunft Schnürers an die Generaldirektion sei Hefel bei seiner Arbeit
gänzlich unterfordert, zumal das Aufkleben von Stampiglien auf Drucksorten
unter unhygienischen Bedingungen stattfinde und für Hefel „durch langes
Verbleiben in diesen Verhältnissen geradezu Lebensgefahr“ bestehe. Tatsäch-
lich sei „der Sachverhalt der, dass Dr. von Payer nach wie vor der einzige voll
30 FKBA47004 fol. 4r.
31 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF J.R., Rubr. 5 Fideikommissbibliothek 541, 2696/1917, fol. 2r.
32 FKBA45036, fol. 2r.
33 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF J.R., Rubr. 5 Fideikommissbibliothek 541, 2393/1916, fol. 1r.
34 FKBA44036, fol. 1v–2v.
35 FKBA450032, 2r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken