Page - 945 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
Image of the Page - 945 -
Text of the Page - 945 -
DIE „K. U. K. FAMILIEN-FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK“ IM ERSTEN WELTKRIEG 945
Auf die Person Brentanos wird insofern näher eingegangen, da sie in ihrer
Autobiografie79 und im umfangreichen Briefwechsel mit Franz Schnürer80
wichtige Facetten der Fideikommissbibliothek beleuchtet, aber auch auf-
grund ihrer Anstellung als „weibliche Hilfskraft“ in der Bibliothek. Hanny
Brentano leistete an der sogenannten „Heimatfront“ ebenso ihren Beitrag in
der freiwilligen Kriegsfürsorge.81 In den Kriegsjahren schreibt sie: „Die mit
jedem Monat wachsenden Daseinsschwierigkeiten, die beängstigende Teu-
erung verbunden mit der Lahmlegung der literarischen Arbeit […] zwan-
gen mich schließlich, mich nach einer gesicherten Erwerbsquelle umzu-
schauen.“82
In einem bisher unbeachteten Zeitungsartikel Brentanos beleuchtet diese
unter der Vielzahl an im Krieg entstandenen neuen Frauenberufen auch ih-
ren eigenen Arbeitsbereich:
„In den kaufmännischen Berufen, in den verschiedensten Aemtern und Kanz-
leien, in öffentlichen Bibliotheken und Sammlungen, in chemischen Laborato-
rien und wissenschaftlichen Untersuchungsstellen nehmen Frauen jetzt viel-
fach Posten ein, die bisher ausschließlich von Männern bekleidet wurden.“83
Dennoch ist festzuhalten, dass Frauen oftmals auf bereits vor dem Krieg
erworbene Arbeitserfahrung verweisen konnten wie dies auch bei Hanny
Brentano der Fall war. „Many women who were employed during the war
were not new to the world of waged work and few indeed were new to un-
waged work. If the war caused some women to shift jobs, it enabled others
to join the paid workforce for the first time.”84 So zeigt gerade der Fall von
Gertrude Schenek, dass diese direkt nach dem Abschluss ihrer Ausbildung
bereits eine Anstellung an der Bibliothek erhielt.
Im September 1917 nahmen die beiden Frauen ihren Dienst in der Fidei-
kommissbibliothek auf. Hanny Brentano war vollkommen überqualifiziert
für ihre täglich Arbeit: „so fand ich an der Beamtenarbeit doch keine rechte
Freude; Abstempeln von Büchern und Eintragen von Ziffern in Katalogbo-
gen war nicht gerade nach meinem Geschmack […]“.85 Die Arbeit der beiden
79 Wie Anm. 72.
80 Wien, ÖNB, BAG, EZ 3040, Nachlass Franz Schnürer, Box 26, Korrespondenz von Hanny
Brentano.
81 Brentano, Frauenkriegsdienst.
82 Brentano, Gott, 290.
83 Brentano, Frauenarbeit; Zu den Berufsbereichen der Frauen vgl. ebenso Svoboda, Solda-
ten.
84 Grayzel, Mobilization, 4.
85 Brentano, Gott, 291.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken