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DIE „K. U. K. FAMILIEN-FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK“ IM ERSTEN WELTKRIEG 959
Fideikommisses vorgenommen wurde, „da das Vermögen der Fideikommiss-
bibliothek nur in den Sammlungen, nicht aber in zinstragenden Liegen-
schaften oder Wertpapieren besteht“.154 Allerdings war während der Re-
gierungszeit Karls I. „über die Art der Bestreitung des Aufwandes der
Fideikommissbibliothek noch keinerlei Anordnung ergangen“.155 Die Aus-
lagen der Fideikommissbibliothek wurden nach dem Ableben von Kaiser
Franz Joseph, also beginnend mit dem Stichtag 22. November 1916, bis weit
über das Kriegsende hinaus, in das Jahr 1919, weiterhin über die Fideikom-
misskasse des Falkenstein’schen Fideikommisses verrechnet. Der Fidei-
kommiss war Kaiser Karl am 6. Oktober 1917 eingeantwortet worden. Zu
diesem Zeitpunkt waren die Falkenstein’schen Güter bereits verkauft und
es handelte sich ausschließlich um einen Pekuniarfideikommiss, d. h. aus
Geldmitteln bestehende Vermögenswerte. In der für die Einantwortung er-
stellte Inventur wurden für das Jahr 1916 auch die Ausgaben der Fideikom-
missbibliothek aufgelistet. Aus den Erträgen von zwei Obligationen, die den
Großteil des Barwertes am Falkenstein’schen Fideikommiss ausmachten,
ließ Kaiser Karl übrigens noch 1918 mit einem Kapital von 2.274.900 K die
8. Kriegsanleihe zeichnen. Generaldirektor Hawerda-Wehrlandt hatte 1906
dafür optiert, die Ausgaben der Bibliothek aus dem Familienfond zu bestrei-
ten.156 Daher befand die Generaldirektion 1919, dass
„Der bei Lebzeiten des Kaisers Franz Joseph I. in dieser Hinsicht angeordnete
Vorgang, die zur freien Verfügung des Regenten stehenden Erträgnisse des
Falkenstein’schen Fideikommisses zur Bedeckung des betreffenden Kostener-
fordernisses zu verwenden, läßt sich für die Zeit nach dem Ableben Seiner
Majestät nicht mehr vertreten, da die privaten Vermögensverhältnisse Kaiser
Karls schon von Anbeginn an wesentlich andere gewesen sind, als jene Kaiser
Franz Josephs I. und sich insbesondere das Verhältnis zwischen seinem Pri-
vatvermögen und dem Vermögen der kaiserlichen Familie ganz beträchtlich
zugunsten des ersteren verschoben haben.“157
Die Generaldirektion stellte daher im August 1919 fest, dass die Ausgaben
ab dem Tod Franz Josephs nicht mehr über die Falkenstein’schen Fideikom-
misskasse rückvergütet werden konnten. Als Begründung hierfür gab Ge-
neraldirektor Hawerda-Wehrlandt an, dass weder im Testament Franz II./I.
noch in der Fideikommissurkunde angegeben worden war, aus welchen Mit-
154 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF J.R., Rubr. 5 Fideikommissbibliothek 541, 2190/1918, fol. 1r.
155 Ebenda, fol. 1v.
156 Vergleiche dazu den Abschnitt 1.1.2 Berichte und Routineabläufe von Rainer Valenta.
157 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF J.R., Rubr. 5 Fideikommissbibliothek 541, 2190/1919, fol. 1v.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken