Page - 965 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
Image of the Page - 965 -
Text of the Page - 965 -
DIE „K. U. K. FAMILIEN-FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK“ IM ERSTEN WELTKRIEG 965
in diesem Jahr mit der Leitung der Hofbibliothek betrauten Josef Donabaum
erneut festgelegt. 1918 offiziell zum Direktor der Hofbibliothek ernannt,
legte er in seinem Schreiben an das Oberstkämmereramt fest, dass die Fidei-
kommissbibliothek
„wie bisher alles persönlich auf Seine Majestät und das Allerhöchste Herrscher-
haus Bezughabende [erhält], sowie jenes Materiale, welches geeignet ist, zu
Illustrierung der Biographie der Herrscher aus dem Ende des XVIII. und aus
dem XIX. Jahrhundert beizutragen. Die aus Anlass des gegenwärtigen Krie-
ges erfolgenden Einsendungen jedoch, denen die angedeutete, rein persönliche
Beziehung abgesehen vom Dedikationszwecke mangelt, wären auch weiterhin
an die seit Kriegsbeginn in der Hofbibliothek angelegte umfassende Samm-
lung von Kriegsliteratur und Kriegsmusik abzugeben.“177
Dass die Praxis der Entgegennahme von Geschenken durch den Kaiser
durchaus kafkaeske Ausmaße annehmen konnte, tritt in den Akten immer
wieder hervor. Hatten die Bittsteller das zu dedizierende Werk direkt an die
Fideikommissbibliothek eingesandt, wurden sie von der Direktion darauf
aufmerksam gemacht, dass das Werk, ohne den Kaiser zuvor davon in Kennt-
nis zu setzen, nicht in die Bibliothek aufgenommen werden könne. Oberme-
dizinalrat Primarius Dr. Emil Bock aus Laibach beispielsweise wurde, wie
auch andere Bittsteller, auf ein alternatives Prozedere hingewiesen:
„Sollten Sie jedoch – wie es in ähnlichen Fällen zu geschehen pflegt – die Ab-
sicht haben, zu erwirken, dass die beiden Blätter [zwei Lithografien des Krai-
ner Landsturmes 1866] von Seiner k. u. k. Apostolischen Majestät für die Fa-
milien-Fideikommissbibliothek allergnädigst angenommen werden, müssten
Sie ein Gesuch um Erwirkung der allergnädigsten Annahme an das Oberst-
kämmereramt, Wien I. Reitschulgasse richten.“178
Emil Bock war angesichts dieser Anweisung sichtlich irritiert und traf eine
anderweitige Entscheidung:
„Aus der Antwort auf mein Schreiben vom 9. Januar diesen Jahres, welche
erst am 20. Februar erfolgte, meine ich zu entnehmen, dass mein Anerbieten
als Aufdringlichkeit angesehen wird. Ich ziehe es daher vor, die beiden wert-
vollen Steindrucke einer anderen Sammlung zu schenken.“179
177 Wien, ÖNB, Hausarchiv 459/1917, fol. 1r–v.
178 FKBA44006, fol. 1v.
179 FKBA44006, fol. 6r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken