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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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Page - 66 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)

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anderen Komplex als den des Elements selbst bestimmt sein und auch zu dessen Aufdeckung führen werden. Lassen Sie mich an einem anderen Falle zeigen, daß es tatsächlich so ist, wie wir es für unseren Fall erwarten. Das Entfallen von Eigennamen ist eigentlich ein ausgezeichnetes Vorbild für den Fall der Traumanalyse; nur ist hier in einer Person beisammen, was bei der Traumdeutung auf zwei Personen verteilt ist. Wenn ich einen Namen zeitweilig vergessen habe, so habe ich doch die Sicherheit in mir, daß ich den Namen weiß; jene Sicherheit, die wir uns für den Träumer erst auf dem Umwege über das Bernheimsche Experiment aneignen konnten. Der vergessene und doch gewußte Name ist mir aber nicht zugänglich. Nachdenken, wenn auch noch so angestrengtes, hilft dabei nichts, das sagt mir bald die Erfahrung. Ich kann mir aber jedesmal an Stelle des vergessenen Namens einen oder mehrere Ersatznamen einfallen lassen. Wenn mir ein solcher Ersatzname spontan eingefallen ist, dann wird erst die Übereinstimmung dieser Situation mit der der Traumanalyse evident. Das Traumelement ist ja auch nicht das Richtige, nur ein Ersatz für etwas anderes, für das Eigentliche, das ich nicht kenne und durch die Traumanalyse auffinden soll. Der Unterschied liegt wiederum nur darin, daß ich beim Namenvergessen den Ersatz unbedenklich als das Uneigentliche erkenne, während wir diese Auffassung für das Traumelement erst mühselig erwerben mußten. Nun gibt es auch beim Namenvergessen einen Weg, vom Ersatz zum unbewußten Eigentlichen, zum vergessenen Namen zu kommen. Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf diese Ersatznamen richte und weitere Einfälle zu ihnen kommen lasse, so gelange ich nach kürzeren oder längeren Umwegen zum vergessenen Namen und finde dabei, daß die spontanen Ersatznamen wie die von mir hervorgerufenen mit dem vergessenen in Beziehung standen, durch ihn determiniert waren. Ich will Ihnen eine Analyse dieser Art vorführen: Eines Tages bemerke ich, daß ich über den Namen jenes Ländchens an der Riviera, dessen Hauptort Monte Carlo ist, nicht verfüge. Es ist zu ärgerlich, aber es ist so. Ich versenke mich in all mein Wissen um dieses Land, denke an den Fürsten Albert aus dem Hause Lusignan, an seine Ehen, seine Vorliebe für Tiefseeforschungen und was ich sonst zusammentragen kann, aber es hilft mir nichts. Ich gebe also das Nachdenken auf und lasse mir an Stelle des verlorenen Ersatznamen einfallen. Sie kommen rasch. Monte Carlo selbst, dann Piemont, Albanien, Montevideo, Colico. Albanien fällt mir in dieser Reihe zuerst auf, es ersetzt sich alsbald durch Montenegro, wohl nach dem Gegensatze von Weiß und Schwarz. Dann sehe ich, daß vier dieser Ersatznamen die nämliche Silbe mon enthalten; ich habe plötzlich das vergessene Wort und rufe laut: Monaco. Die Ersatznamen sind also wirklich vom vergessenen ausgegangen, die vier ersten von der ersten Silbe, der letzte bringt die Silbenfolge und die ganze Endsilbe wieder. Nebenbei kann ich auch leicht finden, was mir den Namen für eine Zeit weggenommen hat. Monaco gehört auch zu München als dessen italienischer Name; diese Stadt hat den hemmenden Einfluß ausgeübt. Das Beispiel ist gewiß schön, aber zu einfach. In anderen Fällen müßte man zu den ersten Ersatznamen eine größere Reihe von Einfällen nehmen, dann wäre die Analogie mit der Traumanalyse deutlicher. Ich habe auch solche Erfahrungen gemacht. Als mich einmal ein Fremder einlud, italienischen Wein mit ihm zu trinken, ergab es sich im Wirtshause, daß er den Namen jenes Weines vergessen hatte, den er, weil er ihm im besten Gedenken geblieben war, zu bestellen beabsichtigte. Aus einer Fülle von disparaten Ersatzeinfällen, die dem Anderen an Stelle des vergessenen Namens kamen, konnte ich den Schluß ziehen, daß die Rücksicht auf irgendeine Hedwig ihm den Namen des Weines weggenommen hatte, und wirklich bestätigte er nicht nur, daß er diesen Wein zuerst in Gesellschaft einer Hedwig verkostet, sondern fand auch 66
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Title
Schriften von Sigmund Freud
Subtitle
(1856–1939)
Author
Sigmund Freud
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
21.6 x 28.0 cm
Pages
2789
Keywords
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Categories
Geisteswissenschaften
Medizin
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