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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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Page - 69 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)

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man, daß etwas sich der Arbeit widersetzt. Man bekommt zwar Einfälle, läßt sie aber nicht alle gewähren. Es machen sich prüfende und auswählende Einflüsse geltend. Bei dem einen Einfall sagt man sich: Nein, das paßt nicht dazu, gehört nicht hierher, bei einem anderen: das ist zu unsinnig, bei einem dritten: das ist ganz nebensächlich, und man kann ferner beobachten, wie man mit solchen Einwendungen die Einfälle, noch ehe sie ganz klar geworden sind, erstickt und endlich auch vertreibt. Also einerseits hängt man sich zu sehr an die Ausgangsvorstellung, ans Traumelement selbst, anderseits stört man durch eine Auswahl das Ergebnis der freien Assoziation. Ist man bei der Traumdeutung nicht allein, läßt man seinen Traum von einem anderen deuten, so wird man sehr deutlich noch ein anderes Motiv bemerken, welches man für diese unerlaubte Auswahl verwendet. Man sagt sich dann gelegentlich: Nein, dieser Einfall ist zu unangenehm, den will oder kann ich nicht mitteilen. Diese Einwendungen drohen offenbar den Erfolg unserer Arbeit zu stören. Man muß sich gegen sie schützen, und man tut dies bei der eigenen Person durch den festen Vorsatz, ihnen nicht nachzugeben; wenn man den Traum eines anderen deutet, indem man ihm als unverbrüchliche Regel angibt, er dürfe keinen Einfall von der Mitteilung ausschließen, auch wenn sich eine der vier Einwendungen gegen ihn erhebe, er sei zu unwichtig, zu unsinnig, gehöre nicht hierher oder er sei zu peinlich für die Mitteilung. Er verspricht, diese Regel zu befolgen, und man darf sich dann darüber ärgern, wie schlecht er vorkommendenfalls dies Versprechen hält. Man wird sich dafür zuerst die Erklärung geben, daß ihm trotz der autoritativen Versicherung die Berechtigung der freien Assoziation nicht eingeleuchtet hat, und wird vielleicht daran denken, ihn zuerst theoretisch zu gewinnen, indem man ihm Schriften zu lesen gibt oder ihn in Vorlesungen schickt, durch welche er zum Anhänger unserer Anschauungen über die freie Assoziation umgewandelt werden kann. Aber von solchen Mißgriffen wird man durch die Beobachtung abgehalten, daß bei der eigenen Person, deren Überzeugung man doch sicher sein darf, die nämlichen kritischen Einwendungen gegen gewisse Einfälle auftauchen, die erst nachträglich, gewissermaßen in zweiter Instanz, beseitigt werden. Anstatt sich über den Ungehorsam des Träumers zu ärgern, kann man diese Erfahrungen verwerten, um etwas Neues aus ihnen zu lernen, etwas, was umso wichtiger ist, je weniger man darauf vorbereitet war. Man versteht, die Arbeit der Traumdeutung vollzieht sich gegen einen Widerstand, der ihr entgegengesetzt wird und dessen Äußerungen jene kritischen Einwendungen sind. Dieser Widerstand ist unabhängig von der theoretischen Überzeugung des Träumers. Ja, man lernt noch mehr. Man macht die Erfahrung, daß eine solche kritische Einwendung niemals recht behält. Im Gegenteile, die Einfälle, die man so unterdrücken möchte, erweisen sich ausnahmslos als die wichtigsten, für das Auffinden des Unbewußten entscheidenden. Es ist geradezu eine Auszeichnung, wenn ein Einfall von einer solchen Einwendung begleitet wird. Dieser Widerstand ist etwas völlig Neues, ein Phänomen, welches wir auf Grund unserer Voraussetzungen gefunden haben, ohne daß es in diesen enthalten gewesen wäre. Wir sind von diesem neuen Faktor in unserer Rechnung nicht gerade angenehm überrascht. Wir ahnen schon, er wird unsere Arbeit nicht erleichtern. Er könnte uns dazu verführen, die ganze Bemühung um den Traum stehenzulassen. Etwas so Unwichtiges wie der Traum und dazu solche Schwierigkeiten anstatt einer glatten Technik! Aber anderseits könnten uns gerade diese Schwierigkeiten reizen und vermuten lassen, daß die Arbeit der Mühe wert sein wird. Wir stoßen regelmäßig auf Widerstände, wenn wir vom Ersatz, den das Traumelement bedeutet, zu seinem versteckten Unbewußten vordringen wollen. Also dürfen wir denken, es muß hinter dem Ersatz etwas Bedeutsames versteckt sein. Wozu sonst die Schwierigkeiten, die das Verbergen 69
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Title
Schriften von Sigmund Freud
Subtitle
(1856–1939)
Author
Sigmund Freud
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
21.6 x 28.0 cm
Pages
2789
Keywords
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Categories
Geisteswissenschaften
Medizin
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