Page - 93 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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Fische, vor allem das berühmte Symbol der Schlange. Warum Hut und Mantel dieselbe
Verwendung gefunden haben, ist gewiß nicht leicht zu erraten, aber deren Symbolbedeutung ist
ganz unzweifelhaft. Endlich kann man sich noch fragen, ob man den Ersatz des männlichen
Gliedes durch ein anderes Glied, den Fuß oder die Hand, als einen symbolischen bezeichnen darf.
Ich glaube, man wird durch den Zusammenhang und durch die weiblichen Gegenstücke dazu
genötigt.
Das weibliche Genitale wird symbolisch dargestellt durch alle jene Objekte, die seine Eigenschaft
teilen, einen Hohlraum einzuschließen, der etwas in sich aufnehmen kann. Also durch Schachte,
Gruben und Höhlen, durch Gefäße und Flaschen, durch Schachteln, Dosen, Koffer, Büchsen,
Kisten, Taschen usw. Auch das Schiff gehört in diese Reihe. Manche Symbole haben mehr
Beziehung auf den Mutterleib als auf das Genitale des Weibes, so: Schränke, Öfen und vor allem
das Zimmer. Die Zimmersymbolik stößt hier an die Haussymbolik, Türe und Tor werden
wiederum zu Symbolen der Genitalöffnung. Aber auch Stoffe sind Symbole des Weibes, das
Holz, das Papier, und Gegenstände, die aus diesen Stoffen bestehen, wie der Tisch und das Buch.
Von Tieren sind wenigstens Schnecke und Muschel als unverkennbare weibliche Symbole
anzuführen; von Körperteilen der Mund zur Vertretung der Genitalöffnung, von Bauwerken
Kirche und Kapelle. Wie Sie sehen, sind nicht alle Symbole gleich gut verständlich.
Zu den Genitalien müssen die Brüste gerechnet werden, die wie die größeren Hemisphären des
weiblichen Körpers ihre Darstellung finden in Äpfeln, Pfirsichen, Früchten überhaupt. Die
Genitalbehaarung beider Geschlechter beschreibt der Traum als Wald und Gebüsch. Die
komplizierte Topographie der weiblichen Geschlechtsteile macht es begreiflich, daß diese sehr
häufig als Landschaft mit Fels, Wald und Wasser dargestellt werden, während der imposante
Mechanismus des männlichen Geschlechtsapparates dazu führt, daß alle Arten von schwer zu
beschreibenden komplizierten Maschinen Symbole desselben werden.
Ein erwähnenswertes Symbol des weiblichen Genitales ist noch das Schmuckkästchen; Schmuck
und Schatz sind Bezeichnungen der geliebten Person auch im Traume; Süßigkeiten eine häufige
Darstellung des Geschlechtsgenusses. Die Befriedigung am eigenen Genitale wird durch jede Art
von Spielen angedeutet, auch durch das Klavierspiel. Exquisit symbolische Darstellungen der
Onanie sind das Gleiten und Rutschen sowie das Abreißen eines Astes. Ein besonders
merkwürdiges Traumsymbol ist der Zahnausfall oder das Zahnausziehen. Es bedeutet sicherlich
zunächst die Kastration als Bestrafung für die Onanie. Besondere Darstellungen für den Verkehr
der Geschlechter findet man im Traume weniger zahlreich, als man nach den bisherigen
Mitteilungen erwarten konnte. Rhythmische Tätigkeiten wie Tanzen, Reiten und Steigen sind hier
zu nennen, auch gewaltsame Erlebnisse wie das Überfahrenwerden. Dazu gewisse
Handwerkstätigkeiten und natürlich die Bedrohung mit Waffen.
Sie müssen sich die Verwendung wie die Übersetzung dieser Symbole nicht ganz einfach
vorstellen. Es kommt dabei allerlei vor, was unserer Erwartung widerspricht. So scheint es zum
Beispiel kaum glaublich, daß in diesen symbolischen Darstellungen die Geschlechtsunterschiede
oft nicht scharf auseinandergehalten werden. Manche Symbole bedeuten ein Genitale überhaupt,
gleichgültig ob ein männliches oder weibliches, z.
B. das kleine Kind, der kleine Sohn oder die
kleine Tochter. Ein andermal kann ein vorwiegend männliches Symbol für ein weibliches
Genitale gebraucht werden oder umgekehrt. Man versteht das nicht, ehe man Einsicht in die
Entwicklung der Sexualvorstellungen der Menschen gewonnen hat. In manchen Fällen mag diese
Zweideutigkeit der Symbole eine nur scheinbare sein; die eklatantesten unter den Symbolen wie
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Schriften von Sigmund Freud
(1856–1939)
- Title
- Schriften von Sigmund Freud
- Subtitle
- (1856–1939)
- Author
- Sigmund Freud
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 21.6 x 28.0 cm
- Pages
- 2789
- Keywords
- Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
- Categories
- Geisteswissenschaften
- Medizin