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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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Page - 110 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)

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bitten, sich mit dem zu begnügen, was leichter zu haben ist, mit der Mitteilung von kleinen Stücken aus Träumen von neurotischen Personen, an denen man dies oder jenes isoliert erkennen kann. Am leichtesten lassen sich die Traumsymbole demonstrieren, dann noch gewisse Eigentümlichkeiten der regressiven Traumdarstellung. Ich werde Ihnen von jedem der nun folgenden Träume angeben, weshalb ich ihn für mitteilenswert erachtet habe. 1) Ein Traum besteht nur aus zwei kurzen Bildern: Sein Onkel raucht eine Zigarette, obwohl es Samstag ist. – Eine Frau streichelt und liebkost ihn wie ihr Kind. Zum ersten Bild bemerkt der Träumer (Jude), sein Onkel sei ein frommer Mann, der etwas derart Sündhaftes nie getan hat und nie tun würde. Zur Frau im zweiten Bild fällt ihm nichts anderes ein als seine Mutter. Diese beiden Bilder oder Gedanken sind offenbar in Beziehung zueinander zu setzen. Aber wie? Da er die Realität für das Tun des Onkels ausdrücklich abgestritten hat, so liegt es nahe, ein »Wenn« einzufügen. »Wenn mein Onkel, der heilige Mann, am Samstag eine Zigarette rauchen würde, dann dürfte ich mich auch von der Mutter liebkosen lassen.« Das heißt offenbar, das Kosen mit der Mutter sei auch etwas Unerlaubtes wie das Rauchen am Samstag für den frommen Juden. Sie erinnern sich, daß ich Ihnen sagte, bei der Traumarbeit fielen alle Relationen zwischen den Traumgedanken weg; diese werden in ihr Rohmaterial aufgelöst, und es ist Aufgabe der Deutung, die weggelassenen Beziehungen wieder einzusetzen. 2) Durch meine Veröffentlichungen über den Traum bin ich in gewisser Hinsicht öffentlicher Konsulent für Traumangelegenheiten geworden und erhalte seit vielen Jahren Zuschriften von den verschiedensten Seiten, in denen mir Träume mitgeteilt oder zur Beurteilung vorgelegt werden. Ich bin natürlich allen jenen dankbar, die zum Traum soviel Material hinzufügen, daß eine Deutung möglich wird, oder die selbst eine solche Deutung geben. In diese Kategorie gehört nun der folgende Traum eines Mediziners aus München vom Jahre 1910. Ich bringe ihn vor, weil er Ihnen beweisen kann, wie unzugänglich im allgemeinen ein Traum dem Verständnis ist, ehe der Träumer uns seine Auskünfte dazu gegeben hat. Ich vermute nämlich, daß Sie im Grunde die Traumdeutung durch Einsetzen der Symbolbedeutung für die ideale halten, die Technik der Assoziation zum Traum aber beiseite schieben möchten, und will Sie von diesem schädlichen Irrtum frei machen. »13. Juli 1910: Gegen Morgen träume ich: Ich fahre mit dem Rad in Tübingen die Straße herunter, als ein brauner Dachshund hinter mir dreinrast und mich an einer Ferse faßt. Ein Stück weiter steige ich ab, setze mich auf eine Staffel und fange an, auf das Vieh loszutrommeln, das sich fest verbissen hat. (Unangenehme Gefühle habe ich von dem Beißen und der ganzen Szene nicht.) Gegenüber sitzen ein paar ältere Damen, die mir grinsend zusehen. Dann wache ich auf und, wie schon öfter, ist mir in diesem Moment des Übergangs zum Wachen der ganze Traum klar.« Mit Symbolen ist hier wenig auszurichten. Der Träumer berichtet uns aber: »Ich habe mich in der letzten Zeit in ein Mädchen verliebt, nur so vom Sehen auf der Straße, habe aber keinerlei Anknüpfungspunkte gehabt. Dieser Anknüpfungspunkt hätte für mich am angenehmsten der Dachshund sein können, zumal ich ein großer Tierfreund bin und diese Eigenschaft auch bei dem Mädchen sympathisch empfunden habe.« Er fügt auch hinzu, daß er wiederholt mit großem Geschick und oft zum Erstaunen der Zuschauer in die Kämpfe miteinander raufender Hunde eingegriffen habe. Wir erfahren also, daß das Mädchen, welches ihm gefiel, stets in Begleitung dieses besonderen Hundes zu sehen war. Dies Mädchen ist aber für den manifesten Traum 110
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Title
Schriften von Sigmund Freud
Subtitle
(1856–1939)
Author
Sigmund Freud
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
21.6 x 28.0 cm
Pages
2789
Keywords
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Categories
Geisteswissenschaften
Medizin
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