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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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Page - 128 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)

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neuen Standort nicht wegzubringen, das ist nun die zweite Wunscherfüllung, aber der Wunsch ist der des Mannes; der Frau ist diese Wunscherfüllung sehr unangenehm. Sie wissen, wie es im Märchen weitergeht. Da die beiden im Grunde doch eines sind, Mann und Frau, muß der dritte Wunsch lauten, daß die Würstchen von der Nase der Frau weggehen mögen. Wir könnten dieses Märchen noch mehrmals in anderem Zusammenhange verwerten; hier diene es uns nur als Illustration der Möglichkeit, daß die Wunscherfüllung des einen zur Unlust für den anderen führen kann, wenn die beiden miteinander nicht einig sind. Es wird uns nun nicht schwer werden, zu einem noch besseren Verständnis der Angstträume zu kommen. Wir werden nur noch eine Beobachtung verwerten und uns dann zu einer Annahme entschließen, für die sich mancherlei anführen läßt. Die Beobachtung ist, daß die Angstträume häufig einen Inhalt haben, welcher der Entstellung völlig entbehrt, sozusagen der Zensur entgangen ist. Der Angsttraum ist oft eine unverhüllte Wunscherfüllung, natürlich nicht die eines genehmen, sondern eines verworfenen Wunsches. An Stelle der Zensur ist die Angstentwicklung getreten. Während man vom infantilen Traum aussagen kann, er sei die offene Erfüllung eines zugelassenen Wunsches, vom gemeinen entstellten Traum, er sei die verkappte Erfüllung eines verdrängten Wunsches, taugt für den Angsttraum nur die Formel, daß er die offene Erfüllung eines verdrängten Wunsches sei. Die Angst ist das Anzeichen dafür, daß der verdrängte Wunsch sich stärker gezeigt hat als die Zensur, daß er seine Wunscherfüllung gegen dieselbe durchgesetzt hat oder durchzusetzen im Begriffe war. Wir begreifen, daß, was für ihn Wunscherfüllung ist, für uns, die wir auf der Seite der Traumzensur stehen, nur Anlaß zu peinlichen Empfindungen und zur Abwehr sein kann. Die dabei im Traum auftretende Angst ist, wenn Sie so wollen, Angst vor der Stärke dieser sonst niedergehaltenen Wünsche. Warum diese Abwehr in der Form der Angst auftritt, das kann man aus dem Studium des Traumes allein nicht erraten; man muß die Angst offenbar an anderen Stellen studieren. Dasselbe, was für die unentstellten Angstträume gilt, dürfen wir auch für diejenigen annehmen, die ein Teil Entstellung erfahren haben, und für die sonstigen Unlustträume, deren peinliche Empfindungen wahrscheinlich Annährungen an die Angst entsprechen. Der Angsttraum ist gewöhnlich auch ein Wecktraum; wir pflegen den Schlaf zu unterbrechen, ehe der verdrängte Wunsch des Traumes seine volle Erfüllung gegen die Zensur durchgesetzt hat. In diesem Falle ist die Leistung des Traumes mißglückt, aber sein Wesen ist darum nicht verändert. Wir haben den Traum mit dem Nachtwächter oder Schlafwächter verglichen, der unseren Schlaf vor Störung behüten will. Auch der Nachtwächter kommt in die Lage, die Schlafenden zu wecken, wenn er sich nämlich zu schwach fühlt, die Störung oder Gefahr allein zu verscheuchen. Dennoch gelingt es uns manchmal, den Schlaf festzuhalten, selbst wenn der Traum bedenklich zu werden und sich zur Angst zu wenden beginnt. Wir sagen uns im Schlaf: Es ist doch nur ein Traum und schlafen weiter. Wann sollte es geschehen, daß der Traumwunsch in die Lage kommt, die Zensur zu überwältigen? Die Bedingung hierfür kann ebensowohl von Seiten des Traumwunsches wie der Traumzensur erfüllt werden. Der Wunsch mag aus unbekannten Gründen einmal überstark werden; aber man gewinnt den Eindruck, daß häufiger das Verhalten der Traumzensur die Schuld an dieser Verschiebung des Kräfteverhältnisses trägt. Wir haben schon gehört, daß die Zensur in jedem einzelnen Falle mit verschiedener Intensität arbeitet, jedes Element mit einem anderen Grade von Strenge behandelt; jetzt möchten wir die Annahme hinzufügen, daß sie überhaupt recht variabel ist und gegen das nämliche anstößige Element nicht jedesmal die gleiche Strenge anwendet. Hat es sich so gefügt, daß sie sich einmal ohnmächtig gegen einen Traumwunsch fühlt, 128
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Title
Schriften von Sigmund Freud
Subtitle
(1856–1939)
Author
Sigmund Freud
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
21.6 x 28.0 cm
Pages
2789
Keywords
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Categories
Geisteswissenschaften
Medizin
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