Page - 2666 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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leicht gemacht. Man kann direkt nichts dagegen tun, indirekt nichts anderes, als daß man langsam
seine unbewußt verdrängten Begründungen aufdeckt, wobei es sich allmählich in bewußtes
Schuldgefühl verwandelt. Eine besondere Chance der Beeinflussung gewinnt man, wenn dies
ubw Schuldgefühl ein entlehntes ist, das heißt das Ergebnis der Identifizierung mit einer anderen
Person, die einmal Objekt einer erotischen Besetzung war. Eine solche Übernahme des
Schuldgefühls ist oft der einzige, schwer kenntliche Rest der aufgegebenen Liebesbeziehung. Die
Ähnlichkeit mit dem Vorgang bei Melancholie ist dabei unverkennbar. Kann man diese einstige
Objektbesetzung hinter dem ubw Schuldgefühl aufdecken, so ist die therapeutische Aufgabe oft
glänzend gelöst, sonst ist der Ausgang der therapeutischen Bemühung keineswegs gesichert. Er
hängt in erster Linie von der Intensität des Schuldgefühls ab, welcher die Therapie oft keine
Gegenkraft von gleicher Größenordnung entgegenstellen kann. Vielleicht auch davon, ob die
Person des Analytikers es zuläßt, daß sie vom Kranken an die Stelle seines Ichideals gesetzt
werde, womit die Versuchung verbunden ist, gegen den Kranken die Rolle des Propheten,
Seelenretters, Heilands zu spielen. Da die Regeln der Analyse einer solchen Verwendung der
ärztlichen Persönlichkeit entschieden widerstreben, ist ehrlich zuzugeben, daß hier eine neue
Schranke für die Wirkung der Analyse gegeben ist, die ja die krankhaften Reaktionen nicht
unmöglich machen, sondern dem Ich des Kranken die Freiheit schaffen soll, sich so oder anders
zu entscheiden.
[90] Dieser Satz ist nur scheinbar ein Paradoxon; er besagt einfach, daß die Natur des Menschen
im Guten wie im Bösen weit über das hinausgeht, was er von sich glaubt, das heißt was seinem
Ich durch Bewußtseinswahrnehmung bekannt ist.
[91] Jenseits des Lustprinzips I.
[92] S. ›Die infantile Genitalorganisation‹ (1923 e).
[93] Das Ich und das Es.
[94] Das Ich und das Es.
[95] Totem und Tabu (1912–13), Abschnitt IV.
[96] Ed. Douwes Dekker (1820–1887).
[97] ›Neurose und Psychose‹ (1924 b).
[98] In den Studien über Hysterie (1895).
[99] Derselbe Vorgang liegt dem bekannten Vorgang des »Berufens« zugrunde. »Wie schön, daß
ich meine Migräne so lange nicht gehabt habe!« Das ist aber die erste Ankündigung des Anfalls,
dessen Herannahen man bereits verspürt, aber noch nicht glauben will.
[100] Vgl. hiezu die Ausführungen in ›Triebe und Triebschicksale‹.
[101] Diese Deutung ist bereits 1910 in meiner Schrift Eine Kindheitserinnerung des Leonardo
da Vinci ohne Begründung mitgeteilt worden.
[102] Ich berichtige mich aber selbst, indem ich hinzufüge, daß ich die besten Gründe habe
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Schriften von Sigmund Freud
(1856–1939)
- Title
- Schriften von Sigmund Freud
- Subtitle
- (1856–1939)
- Author
- Sigmund Freud
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 21.6 x 28.0 cm
- Pages
- 2789
- Keywords
- Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
- Categories
- Geisteswissenschaften
- Medizin