Page - 2768 - in Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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nichts, vielleicht sehr viel bedeutet. Es eröffnen sich hier weitreichende, aber auch sehr unsichere
Perspektiven. Es scheint, daß die Länder um das östliche Becken des Mittelmeers in jenen
dunkeln, der Geschichtsforschung kaum eröffneten Jahrhunderten der Schauplatz häufiger und
heftiger vulkanischer Ausbrüche waren, die den Umwohnern den stärksten Eindruck machen
mußten. Evans nimmt an, daß auch die endgültige Zerstörung des Minos-Palastes in Knossos die
Folge eines Erdbebens war. Auf Kreta wurde damals, wie wahrscheinlich allgemein in der
ägäischen Welt, die große Muttergottheit verehrt. Die Wahrnehmung, daß sie nicht imstande war,
ihr Haus gegen die Angriffe einer stärkeren Macht zu schützen, mag dazu beigetragen haben, daß
sie einer männlichen Gottheit den Platz räumen mußte, und dann hatte der Vulkangott das erste
Anrecht darauf, sie zu ersetzen. Zeus ist ja immer noch der »Erderschütterer«. Es ist wenig
zweifelhaft, daß sich in jenen dunkeln Zeiten die Ablösung der Muttergottheiten durch männliche
Götter (die vielleicht ursprünglich Söhne waren?) vollzog. Besonders eindrucksvoll ist das
Schicksal der Pallas Athene, die gewiß die lokale Form der Muttergottheit war, durch den
religiösen Umsturz zur Tochter herabgesetzt, ihrer eigenen Mutter beraubt und durch die ihr
auferlegte Jungfräulichkeit dauernd von der Mutterschaft ausgeschlossen wurde.
[302] In jenen Zeiten war eine andere Art der Beeinflussung auch kaum möglich.
[303] Es ist wirklich bemerkenswert, wie wenig man in der jahrtausendelangen ägyptischen
Geschichte von gewaltsamer Beseitigung oder Ermordung eines Pharao hört. Ein Vergleich, z. B.
mit der assyrischen Geschichte, muß diese Verwunderung steigern. Natürlich kann dies daher
kommen, daß die Geschichtsschreibung bei den Ägyptern ausschließlich offiziellen Absichten
diente.
[304] Ed. Meyer (1906, 222 ff.).
[305] Seine Hymnen betonen nicht nur die Universalität und Einzigkeit Gottes, sondern auch
dessen liebevolle Fürsorge für alle Geschöpfe, fordern zur Freude an der Natur und zum Genuß
ihrer Schönheit auf. Vgl. Breasted (1934).
[306] Ich teile nicht die Ansicht meines Altersgenossen, Bernard Shaw, daß die Menschen erst
dann etwas Rechtes leisten würden, wenn sie 300 Jahre alt werden könnten. Mit der
Verlängerung der Lebensdauer wäre nichts erreicht, es müßte denn vieles andere an den
Lebensbedingungen vom Grunde aus geändert werden.
[307] So hieß z. B. auch der Bildhauer, dessen Werkstätte in Tell-el-Amarna gefunden wurde.
[308] Dies würde der 40jährigen Wüstenwanderung des biblischen Textes entsprechen.
[309] Auerbach, Bd. 2 (1936).
[310] Dieselbe Erwägung gilt auch für den merkwürdigen Fall des William Shakespeare aus
Stratford.
[311] Diese Situation hat Macaulay seinen Lays of Ancient Rome zugrunde gelegt. Er versetzt
sich darin in die Rolle eines Sängers, der betrübt über die wüsten Parteikämpfe der Gegenwart
seinen Zuhörern den Opfermut, die Einigkeit und den Patriotismus der Ahnen vorhält.
[312] So daß es also unsinnig ist zu behaupten, man übe Psychoanalyse, wenn man gerade diese
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Schriften von Sigmund Freud
(1856–1939)
- Title
- Schriften von Sigmund Freud
- Subtitle
- (1856–1939)
- Author
- Sigmund Freud
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 21.6 x 28.0 cm
- Pages
- 2789
- Keywords
- Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
- Categories
- Geisteswissenschaften
- Medizin