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84 den Demonstranten berichtet, mitunter auch schlicht von Vandalismus oder Plünde-
rungen, zu denen es im Kontext der Massenproteste kam. In anderen Fällen wurde
teilweise von direkter Gewalt von Demonstranten etwa gegen Polizisten berichtet. In
Hongkong steckten Schlägertrupps unter den Demonstranten sogar Menschen, welche
Pro-China Slogans riefen, in Brand.
Gewalt im Rahmen von Protesten kann durch die Interaktion von Protestierenden
und staatlichen Sicherheitskräften entstehen. Die Gewalt erfolgt jedoch oft gezielt
von staatlicher Seite aus, um die Demonstranten von weiteren Protesten abzuhalten.
Insbesondere in autoritären Regimen, die durch Anti-Regime-Proteste direkt heraus-
gefordert werden, reagieren die Sicherheitskräfte mit Gewalt auf Proteste, um so die
Kosten, auf die Straße zu gehen, für jeden Einzelnen zu erhöhen. So geschah es in
Simbabwe oder dem Sudan, wo die Gewalt oft von den staatlichen Sicherheitskräften
ausging. Unter diesen Bedingungen besteht gerade in ehemaligen Bürgerkriegslän-
dern (z.B. Libanon und Irak) die Gefahr, dass Proteste einer gesamtgesellschaftlichen
Destabilisierung den Weg bereiten, an deren Ende der Ausbruch neuer Gewaltkon-
flikte stehen könnte. Dass in Zeiten staatlicher Gewalt eine Massenbewegung selbst
jedoch gewaltfrei bleiben kann, zeigt das Beispiel Algeriens.
2.3 ↙ Strategien externer Akteure und der Beitrag
der Bundesregierung
I n der Staatenwelt gab es in den vergangenen zehn Jahren sehr unterschiedliche
Reaktionen auf Anti-Regime-Proteste. Das Spektrum der Maßnahmen reicht von
massiver Intervention über diplomatische Vermittlung bis hin zu Zurückhaltung und
Regimestabilisierung. Insgesamt lassen sich dabei sechs Strategien unterscheiden →
25 /85 . Diese schließen sich in vielen Fällen wechselseitig nicht aus. So können gerade
Kombinationen der einzelnen Instrumente hilfreich sein, etwa eine Politik der geziel-
ten Konditionalisierung mittels angedrohter Sanktionen, verbunden mit dem Angebot,
Konfliktvermittlungs- und Dialogprozesse zu unterstützen. Diesen Ansatz hat die
Afrikanische Union erfolgreich im Sudan praktiziert → 24 /83. Welche Vor- und Nach-
teile aber haben diese Strategien? Wie hat sich die Bundesregierung in diesem Feld in
der zurückliegenden Protest-Dekade positioniert?
Ein militärischer Regimesturz ist die gravierendste Form externer Einmischung. Er
findet daher sehr selten statt. Die massivste Intervention der vergangenen zehn
Jahre war die Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf die Proteste
und den Aufstand in Libyen im Jahr 2011. Das Gaddafi-Regime war zu Beginn des
Jahres durch Proteste insbesondere im Osten des Landes unter Druck geraten und
setzte rücksichtslose Gewalt gegenüber den Aufständischen in den Städten ein. Der Militärische Regime -
stürze sind die
extrem ste Form exter-
ner Einmischung und
daher sehr selten
2020 / Protestbewegungen, politische Umbrüche und Gewaltrisiken / NACHHALTIGER FRIEDEN
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Title
- Friedensgutachten 2020
- Subtitle
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Size
- 21.0 x 28.5 cm
- Pages
- 162
- Keywords
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Category
- Recht und Politik