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Unter anderem in Reaktion auf die als illegitim deklarierte Wiederwahl Maduros vom
Mai 2018 und angesichts zunehmender Repression im Land weiteten sie Wirtschafts-
sanktionen aus, erließen ein Öl-Embargo und froren umfangreiche Vermögenswerte
ein. Die EU schloss sich diesen Maßnahmen zwar nicht an, verhängte aber 2017 ein
Waff
enembargo und ging 2018 gezielt mit Einreisesperren und dem Einfrieren von
Vermögen gegen ausgewählte Mitglieder von Regierung und Sicherheitsapparat vor.
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Das Gros der Massenproteste des Jahres 2019 war
stark von den jeweiligen innergesellschaftlichen Dy-
namiken geprägt. Gleichwohl spielten externe Akteu-
re in einigen Fällen durchaus relevante Rollen – dies
aber auf höchst unterschiedliche Weise. Ein Positiv-
beispiel, das auf das Potenzial eines konstruktiven,
regionalen Engagements verweist, bildet der Sudan.
Hier unterstützten die Vermittlungsbemühungen der
Afrikanischen Union und Äthiopiens erfolgreich den
konfl
iktträchtigen Aushandlungs- und Übergangs-
prozess nach dem Sturz des langjährigen Staatsprä-
sidenten al-Bashirs im April 2019. In anderen Fällen
– etwa in Algerien – ist ein vergleichbares regionales
Engagement allerdings nicht zu beobachten.
In den Amerikas fehlen derzeit entsprechende
politische Voraussetzungen. Die Polarisierung in der
Region, die sich in einer weitgehenden Blockade
der diversen Regionalorganisationen niederschlägt,
wirkt eher konfl iktverschärfend. Dies zeigt sich in
der venezolanischen Dauerkrise ebenso wie 2019
in den Protesten in Bolivien, Ecuador und Chile. So
führten die eher konservativen Regierungen und
politischen Kräfte in der Region die Protesteskalati-
on in Chile und Ecuador auf Destabilisierungsbemü-
hungen Venezuelas und Kubas zurück. Nicht weni-
ger überzogen ist der Vorwurf aus dem linken Lager,
die USA und in ihrem Schlepptau die OAS seien für
die Massenproteste und den erzwungenen Rücktritt
von Evo Morales in Bolivien verantwortlich. Im Fall Boliviens waren es außerregionale Akteure (VN
und EU), die mit ihren Vermittlungsbemühungen
dazu beitrugen, dass der Dialog zwischen altem und
neuem Regierungslager letztlich erfolgreich eine
zunehmend gewaltsame Konfl ikteskalation been-
dete und einen Übergang in Richtung Neuwahlen
ermöglichte.
In Europa steht es um die Fähigkeiten der EU, vermit-
telnd auf protestgetriebene innenpolitische Krisen in
ihren Mitgliedsstaaten einzuwirken, nicht besser. Das
zeigt sich am deutlichsten im Falle Katalonien/Spa-
nien. Für Asien, den Mittleren Osten eingeschlossen,
gilt dies ohnehin. Während allerdings im Fall Hong-
kong/China das Engagement externer Akteure gene-
rell marginal ist, spielt die Einmischung von außen in
den jüngsten Protestdynamiken im Mittleren Osten
eine bedeutsame Rolle. Im Irak etwa richteten sich die
Proteste 2019 explizit gegen die nicht zuletzt (para-)
militärische Präsenz des Iran und der USA im Land.
Deutschland spielte in den weltweiten Massenpro-
testen und den damit verbundenen Krisen des Jahres
2019 eine sehr überschaubare Rolle. Am sichtbarsten
war noch das Engagement der Bundesregierung, die
regionalen Vermittlungsbemühungen und des Über-
gangsprozesses im Sudan zu unterstützen. Im Fall
Hongkongs blieb es bei vorsichtigen Plädoyers für
Dialog, Gewaltverzicht und die Achtung von Grund-
rechten, die die Bundesregierung meist im EU-Rah-
men vorbrachte.
26 Rolle externer Akteure bei der Konfl
iktvermittlung
2020 / Protestbewegungen, politische Umbrüche und Gewaltrisiken / NACHHALTIGER FRIEDEN
Friedensgutachten 2020
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Title
- Friedensgutachten 2020
- Subtitle
- Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5381-0
- Size
- 21.0 x 28.5 cm
- Pages
- 162
- Keywords
- Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
- Category
- Recht und Politik