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Frühe Brücken - Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
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Page - 108 - in Frühe Brücken - Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken

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108 Frühe Brücken Es handelt sich also offensichtlich um die Reste der zwei 1430 von Thangtong Gyalpo errichteten Brücken- portale. Beim südöstlichen Portal sind auch oberhalb der Straße die Ruinen des von ihm 1444 errichteten Klosters Chagsam Chöri zu erkennen. Diese und die Portale der Brücke sollten möglichst genau untersucht, dokumen- tiert und die beiden Bauwerke zumindest zeichnerisch detailiert rekonstruiert werden. Ein Teil des südöstlichen Portals ist bereits durch eine zwischen Kloster und Por- tal verlaufende Straße zerstört worden, sodass man hier die südöstlichen Anker der zwei Ketten nicht mehr fin- den wird. Die Messung aus dem Google Earth zeigt zugleich, dass die Längenangabe von Wadell zutrifft, nicht aber die von Pundit. Die Koordinaten des Brücken- portals auf der Sandbank werden in Google-Earth mit 29°19’52.66“N und 90°41’26.57“O angegeben; die Höhe beträgt 3595 m. Das vom Autor in der planlichen Darstellung (Abb. 87) auch quasi als Maßstab rechts neben der Brücke zeich- nerisch angedeutete Kloster Chagsam Chöri müsste nach der Identifizierung der Reste der Brücke und des Klosters im Google Earth leicht zur Seite nach rechts und nach oben verschoben werden. Das Kloster lag auf einem eingeebneten Plateau rund 30 m höher und fast 50 m weiter südöstlich des südöstlichen Brückenportals. Sollte man einmal die Reste des Klosters freilegen und konsolidieren, sollte auch nach allfälligen Überresten der einstigen Schmiede für die Ketten gesucht werden. Die Kette bestand nach Angaben von Pundit aus etwa 33 cm langen und geschätzten 6 – 8 cm breiten Ketten- gliedern. Die Stäbe, aus denen die jeweiligen Ketten- glieder durch Schmieden hergestellt wurden, hatten einen Querschnitt von 1 cm auf 2,5 cm und eine Länge von geschätzten 80 cm. Danach hätte jedes Ketten- glied etwa 1,57 kg gewogen. Thangtong Gyalpo dürfte daher wohl die gesamte Kette an Ort und Stelle aus vorbereiteten Eisenstäben in einer dafür errichteten temporären Schmiede direkt bei der Brücke hergestellt haben. Eine Alternative wäre gewesen, gewisse Ketten- abschnitte in Lhasa zu produzieren und diese dann mit einem Yak-Karren zur Brücke bringen zu lassen, wo sie dann endgültig hätten zusammengeschmiedet wer- den müssen. Dazu wäre aber trotzdem eine funktions- fähige Schmiede bei der Brücke zusätzlich notwendig gewesen. Vielleicht wurde aus dem Gebäude, in dem Thangtong Gyalpo bei der Brücke während ihres Baues die Kette schmiedete und in dem er auch wohnte, der erste Abschnitt des späteren Klosters Chaksam Chöri. Bei einer Spannweite von 137 m und einem Durch- hang von etwa 5 m sowie 4 m für die Abspannungen auf der Südseite und 9 m für die Abspannungen auf der Nordseite kommt man auf eine Gesamtketten- länge pro Seite von etwa 161 m. Da die Kettenglieder ohne Überlappung 30 cm lang sind, ergibt das 537 einzelne Kettenglieder für eine Seite der Brücke. Man kann also mit etwa 1074 Kettengliedern für beide Ket- ten rechnen. Das bedeutet, dass mindestens 1686 kg an Eisenstangen direkt zur Brücke zu Thangtong Gy- alpo‘s Schmiede oder an geschmiedeten oder halb- geschmiedeten Kettengliedern aus einer Schmiede in Lhasa über 65 km mit von Yaks gezogenen Fuhrwerken auf zweifelhaften Wegen zur Brücke transportiert wer- den mussten. Außerdem mussten die zwei hohen Unter- bauten für den hoch gelegenen Brückenantritt und die zwei Brückenportale errichtet werden. Der Unterbau unter den Portalen reichte nach Angaben von Pun- dit etwa 7,50 m über Normalwasserstand des Flus- ses. Mit Hilfe der Brücke konnte man allerdings nur bei Normalwasserstand über die Brücke nach Lhasa ge- langen, denn bei Hochwasser war eine Strecke von etwas mehr als einem halben Kilometer vom Fluss zu- sätzlich hoch überflutet. In diesen Zeitabschnitten dürf- te es jährlich für die Brückenbenutzer einen zusätzlichen Fährverkehr gegeben haben. Woher Thangtong Gyalpo sein Roheisen im frühen 15. Jh. für seine Schmiedearbeiten bezog, ist wohl nicht bekannt. Da berichtet wird, dass seine Schmiedeeisen- ketten nicht rosteten, wäre die Herkunft des Materials vielleicht auch heute noch von Interesse. Damals gab es noch keine Lastkraftwagen und somit einen erheb- lichen Transportwiderstand. Die schweren Roheisen- lupen mussten möglicherweise über große Strecken auf engen Pfaden und über unsichere Hängebrücken im gebirgigen Gelände transportiert werden. 1950 trugen die Chinesen die Reste der alten Ketten- brücke, sowie die zwei langen Ketten ab. Stattdessen errichteten sie eine neue Stahlbetonbrücke, die deutlich länger und hochwassersicher sein dürfte und vor allem auch mit Kraftfahrzeugen befahren werden kann. 1966
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Frühe Brücken Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
Title
Frühe Brücken
Subtitle
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
Author
Hasso Hohmann
Publisher
Technische Universität Graz
Location
Graz
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-833-2
Size
20.0 x 27.0 cm
Pages
306
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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