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Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
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29 sollten — ebenso wie alles, was sie bereits über ihr Forschungsfeld gelesen hatten — möglichst keine Beachtung finden. Durch ihre offene, spontane und kreative Forschungspraxis gelang es ihnen, ungewöhnlich einfühlsame und lebendige Schilderungen ihres sozialpsychologischen Forschungsfeldes zu generieren (Brandner 2015) — was nicht zuletzt daran gelegen haben mag, dass beide Forscher mit ihrem Forschungsgegenstand, dem Sterben im Krankenhaus, persönliche Erfahrungen verbanden (Strauss in Legewie/ Schervier-Legewie 2004: Abs. 43). Schon bevor er mit Barney Glaser zu forschen begann, arbeitete Anselm Strauss intuitiv im Sinne der Grounded Theory, ohne diesen Begriff zu verwenden. In ihrer ersten gemeinsamen Publikation “Awareness of Dying” (1965) bezeichneten Glaser und Strauss dann erstmals ihr Vorgehen als Grounded Theory. Während der Mainstream in ihrem wissenschaftlichen Umfeld in Chicago in den 1960er-Jahren dem Funktionalismus nach Parsons und Merton folgte, weckten sie durch ihren unorthodoxen Zugang das Interesse von Kolleg_innen und Schüler_innen (ebd.: Abs. 47); die zunehmende Rezeption ihrer Arbeiten schreibt Anselm Strauss unter anderem der Studentenbewegung 1968 zu, von der auch der Neomarxismus, Interaktionismus, ethno-methodologische und phänomeno- logische Ansätze beeinflusst wurden (ebd.: Abs. 49). Strauss und Glaser begannen dann, ihren Forschungsstil zu explizieren, entwickelten Methoden- bücher und gaben Kurse. Sie arbeiteten eine Systematik methodischer Faust- regeln aus, die vorrangig dazu dienten, Nachvollziehbarkeit beim Ergründen neuer Theorien zu gewährleisten. Doch das Explizieren ihrer Grounded Theory führte im Laufe der Zeit dazu, dass sich die beiden Begründer auf unterschiedliche Pfade begaben — ein einziges Rezept für das dialektische Arbeiten mit Systematik und Offenheit würde allerdings auch zu kurz greifen. Der Forschungsstil der Grounded Theory wird seither in verschiedenen Forschungszusammenhängen kontinuierlich weitergedacht. Zu den Kontro- versen bieten Udo Kelle (2011: 235ff.) und Jörg Strübing (2011: 261ff.) auf- schlussreiche Einblicke. Antony Bryant und Kathy Charmaz ordnen die vielen Verzweigungen auf einfache Weise drei Richtungen zu: “At the simplest level, we have the Glaserian school of GTM, the Strauss and Corbin school, and the Constructivist.” (Bryant/Charmaz 2007:10). Unabhängig von den verschie- denen Entwicklungssträngen lässt sich die Grounded Theory allgemein wie folgt beschreiben: Die Grounded Theory gilt grundsätzlich als qualitativer Ansatz, von dem ausgehend in verschiedenen Disziplinen (üblicherweise in den Sozial- und Kulturwissenschaften) Theorien entdeckt werden können. Die Basis hierfür bilden diverse alltagsweltliche Erfahrungsdaten wie Inter- views, Feldtagebücher und Dokumente. Ziel des Verfahrens ist es, Theorien bzw. Theorieskizzen zu entwickeln, die sich direkt aus den Daten begründen lassen. Anselm Strauss beschreibt die Grounded Theory mit wenigen Worten folgendermaßen: „Zunächst einmal meine ich, Grounded Theory ist weniger eine Methode oder ein Set von Methoden, sondern eine Methodologie und ein Stil, analytisch über soziale Phänomene nachzudenken.“ (Strauss in Legwie/ Schervier-Legewie 2004: 58). Es sind gewisse methodische Fertigkeiten und die Identifizierung einer bestimmten Erkenntnishaltung notwendig, um zum Forschungsstil der Grounded Theory zu gelangen. Einerseits geht es um die Anwendung eines Handwerks, das gewisse qualitativ-sozialwissenschaftliche
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Generative Bildarbeit Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Title
Generative Bildarbeit
Subtitle
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Author
Vera Brandner
Publisher
transcript Verlag
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-5008-6
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
276
Keywords
Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
Category
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