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Arbeit von Forschenden in Hinblick auf ihre Rolle und ihr SelbstverstÀndnis
mit sich bringt.
âIm Prinzip plĂ€dieren wir fĂŒr eine in hohem MaĂe selbst-reflexive Her-
angehensweise an die Forschungsarbeit, d. h. man muĂ sich ĂŒberlegen,
wie die Arbeit beschaffen ist und unter verschiedenartigen Bedingun-
gen in den einzelnen Forschungsphasen durchgefĂŒhrt werden kann.
Auch hat jeder Wissenschaftler eine individuelle Vorgehensweise, nach
der er sich Informationen beschafft, diese untersucht und interpretiert,
woraus sich schlieĂlich sein zu analysierendes Datenmaterial ergibt.â
(Strauss 1998: 34)
In dieser Aussage ĂŒber das Forschen als Arbeit wird ein zentrales Charakte-
ristikum der erkenntnistheoretischen Grundhaltung der Grounded Theory
aufgezeigt: Das forschend arbeitende Subjekt in seiner IndividualitÀt
rĂŒckt hier in den Fokus, was bedeutet, dass auch das Material, das ein_e
Forschende_r hervorbringt, von seiner_ihrer IndividualitÀt geprÀgt ist.
Der Aspekt der SubjektivitÀt und SelbstreflexivitÀt der Forschenden ist dem-
gemÀà in den frĂŒhen Formen der Grounded Theory bereits angelegt, wird
jedoch erst in den konstruktivistischen AnsÀtzen ausgearbeitet. Kathy
Charmaz (2006) ist von der Grounded Theory Glasers ausgegangen (Mey/
Mruck 2011: 17) und hat in der Folge einen eigenen konstruktivistischen
Ansatz entwickelt. Sie grenzt sich mit folgender Argumentation von den
beiden GrĂŒndungsvĂ€tern ab:
âIn the classic grounded theory works, Glaser and Strauss talk about
discovering theory as emerging from data separate from the scientific
observer. Unlike their position, I assume that neither data nor theories
are discovered. Rather, we are part of the world we study and the data
we collect. We construct our grounded theories. Through our past and
present involvements and interactions with people, perspectives and
research practices.â (Charmaz 2006: 19)
Franz Breuer (2010) hingegen verortet sich nahe der Straussâschen Linie und
reprÀsentiert die konstruktivistische AusprÀgung im deutschsprachigen Raum
mit der Reflexiven Grounded Theory (Mey/Mruck 2011: 22). Er erklÀrt die
konstruktivistische Verfasstheit seiner Sicht auf die Grounded Theory anhand
zweier Pole. ZunÀchst beschreibt er die soziokulturell-evolutionÀre Verfasst-
heit der Grounded Theory, die besage,
âdass es sich bei unseren Bildern und (symbolischen) Darstellungen
der Wirklichkeit nicht um Abbildungen mit Wahrheitscharakter han-
delt, sondern dass wir es stets mit konstruktionistischen VorgÀngen zu
tun haben, die durch vielfÀltige Zustandekommensfaktoren auf Seiten
des Erkennenden geprĂ€gt sind.â (Breuer 2010: 118)
Als zweiten konstruktivistischen Pol beschreibt er die Notwendigkeit,
die eigene Persönlichkeit und das Verwobensein des wissenschaftlichen
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Title
- Generative Bildarbeit
- Subtitle
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Author
- Vera Brandner
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 276
- Keywords
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, SituationalitÀt, ReflexivitÀt
- Category
- Medien