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Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
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232 Durch die Verwendung von Kameras und die Beteiligung mehrerer Menschen am Akt des Fotografierens entstehen unzählige Selbst- und Fremdbilder. Diese Bilder sind geprägt von der Qualität der Beziehung zwischen den Beteiligten. Die Theorieskizze zeigt, dass sich durch die Tätigkeiten und Blickwechsel auf verschiedenen Ebenen bestehende Widersprüche und Differenzen in die Bilder einschreiben, ohne auf der Bildoberfläche unmittelbar sichtbar zu sein. So verweisen John Berger und Jean Mohr im Vorwort zu ihrem Fotoessay „Eine andere Art zu erzählen“ (2000) auf den Zusammenhang von Widersprüchlich- keit und Vieldeutigkeit in der Fotografie: „Eine Photographie ist ein Treffpunkt widersprüchlicher Interessen: denen des Photographen, des Photographierten, des Betrachters und dessen, der die Photographie verwendet. Die Widersprüche ver- bergen — und verstärken zugleich — die dem photographischen Abbild eigentümliche Vieldeutigkeit. (2000: 7) Der Umgang mit der Vieldeutigkeit und den Ambivalenzen von Bildern/Foto- grafien wird bislang nicht in systematisierter Form wie das Lesen und Schrei- ben von Buchstaben und Worten in Pflichtschulen unterrichtet und erlernt. Gleichzeitig wird die Beherrschung der Fotografie inzwischen als eine Selbst- verständlichkeit im kapitalisierten Alltag betrachtet und die Fotografie kommt hier in vielfältiger Weise als Reflexionsmedium und Kulturtechnik (Stiegler 2009: 9) zum Einsatz. In diesem Zusammenhang gibt Walter Benjamin jedoch bereits 1931 in seiner „Kleinen Geschichte der Fotografie“ zu bedenken, dass mit der Erfindung und Verbreitung der Fotografie nicht automatisch die ent- sprechenden Fähigkeiten im Umgang mit diesem Medium verbunden seien. „‚Nicht der Schrift-, sondern der Photographieunkundige wird, so hat man gesagt, der Analphabet der Zukunft sein‘. Aber muß nicht weniger als ein Analphabet ein Photograph gelten, der seine eigenen Bilder nicht lesen kann?“ (1977: 64) Bilder erscheinen als „selbstverständlich“, als seien sie „selbst“ verständlich (Schade/Wenk 2011: 8). Sigrid Schade und Silke Wenk beschreiben diese Selbstverständlichkeit als Mythos, der nicht nur die Fotografie umrankt, son- dern von der Annahme einer vermeintlich universellen Verständlichkeit von Bildern herrührt — als würde es sich bei den verschiedenen Produkten bild- gebender Verfahren um eine Art „natürliche“ Zeichen handeln, die sich selbst erklärten. Mit diesem Mythos geht die Vorstellung einher, dass Bilder grund- sätzlich einfacher zu verstehen seien als Schriftsprache und dass Betrachter_ innen quasi von Natur aus wüssten, wie sie mit diesen Produkten (Bildern) umgehen müssen (ebd.: 13). Dieser Mythos tritt im Alltagsverständnis wie auch in spezialisierten, professionellen Feldern und in diversen Wissen- schaftsbereichen zutage. In den Naturwissenschaften zeigt er sich durch das Festhalten an der Evidenz erzeugenden Qualität von Bildern. Jedoch auch in den Kunst- und Kulturwissenschaften, die sich dezidiert mit dem Erzeugen, Verwenden, Lesen und Interpretieren von Bildern beschäftigen, also in Bereichen, denen man eine reflektierte Offenheit gegenüber bildgebenden
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Generative Bildarbeit Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Title
Generative Bildarbeit
Subtitle
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Author
Vera Brandner
Publisher
transcript Verlag
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-5008-6
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
276
Keywords
Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
Category
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