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“The question of cultural difference faces us with a disposition of
knowledges or a distribution of practices that exist beside each other,
abseits designating a form of social contradiction or antagonism that
has to be negotiated rather than sublated.” (Bhabha 2004: 232)
Es geht hierbei um das Festsetzen von Normen, Werthaltungen, Praktiken
und Wissensformen — auf sprachlicher Ebene wie auf der Ebene von Glaubens-
fragen, politischer Orientierung und ethnischer oder disziplinärer Zugehörig-
keit. In transdisziplinären Forschungszusammenhängen besteht die Heraus-
forderung, vorhandene Probleme miteinander zu bearbeiten und vorhandene
Wissensformen und Praktiken dafĂĽr nutzbar zu machen. Jedoch werden
kulturelle Differenzen oftmals als Hindernisse betrachtet, die jeden Austausch
ĂĽber die bestehende Vielfalt an Wissens- und Praxisformen blockieren.
Sobald aber kulturelle Differenz als Grenzkonzept (Mollinga 2010: 4) in trans-
diszi plinären Forschungszusammenhängen nicht als Hindernis, sondern als
Möglichkeit für gemeinsames Arbeiten betrachtet wird, wird ein Arbeiten
an den Grenzen des Eigenen und des Anderen möglich. Geteilte Phänomene
und Problemstellungen werden zugänglich, erforschbar und transformierbar.
6.3.2 DAS FOTOGRAFISCHE SPANNUNGSFELD ALS
TRANSDISZIPLINÄRER GRENZRAUM
Die Nachhaltigkeits- und Entwicklungsforschung kann, als multidisziplinäres
Forschungsfeld, aus den Wissensbeständen und Methodenpools verschiedener
Disziplinen und Lebenswelten schöpfen (Fischer/Kolland 2009: 7). Dabei ist
sie herausgefordert, diese in inter- und transdisziplinären Forschungssettings
durch das Definieren und Redefinieren von gemeinsamen Forschungs
standards
in Einklang zu bringen.
“Sustainability science is not yet an autonomous field or discipline, but
rather a vibrant arena that is bringing together scholarship and prac-
tice, global and local perspectives from north and south, and disciplines
across the natural and social sciences, engineering, and medicine. Its
scope of core questions, criteria for quality control, and membership
are consequently in substantial flux and may be expected to remain so
for some time.” (Clark/Dickson 2003: 8060)
Nachhaltigkeits- und Entwicklungsforschung lassen sich, wie das Visuelle in
der Wissenschaftslandschaft, nicht nach den Kriterien eindeutiger disziplinä-
rer Verfasstheit einordnen. Das fotografische Spannungsfeld ist insofern als
geeigneter Grenzraum fĂĽr die Nachhaltigkeits- und Entwicklungsforschung
zu verstehen, als es von einer gewissen Undiszipliniertheit geprägt ist und
gerade aufgrund dessen für viele Menschen — egal, woher sie kommen und
welchen lebensweltlichen oder disziplinären Hintergrund sie mitbringen —
zugänglich und nutzbar ist (Mitchell 2008: 268). Eine solche Sichtweise lässt
sich durch Argumentationslinien stärken, die im Rahmen des Paradigmen-
wechsels zur visuellen Zeitenwende in Anschluss an Mitchell entwickelt wer-
den. Diese bringen eine Neubewertung von Visualität und Bildlichkeit mit
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Title
- Generative Bildarbeit
- Subtitle
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Author
- Vera Brandner
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 276
- Keywords
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Category
- Medien