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Generative Bildarbeit - Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
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254 Fotografische Bilder können zur Interaktion anregen, Menschen zum Sprechen bringen und dadurch immer wieder neue Bilder evozieren und weitere Interaktionen bewirken. Unterdrückende Situationen entstehen im fotografischen Geflecht dann, wenn die Beteiligten darin auf gewissen Positionen fixiert werden und keine Möglichkeit haben, die Rollen zu wech- seln. Fixierte Rollen führen zu Stereotypenbildung; anstatt immer wieder neue Bilder zu erschließen, wird dabei lediglich reproduziert, was in den Köpfen der Beteiligten bereits vorhanden ist. Umgekehrt, wenn alle Beteiligten die Möglichkeit erhalten, auch die Rollen der jeweils Anderen einzunehmen, gleichermaßen als Fotograf_in, Referent_in und Betrachter_in aktiv zu sein, können Blickwechsel gesetzt und damit immer wieder neue Perspektiven und Bilder erschlossen werden. In Anlehnung an Mitchell, der visuelle Kultur als undisziplinierten „Ort der Konvergenz und Turbulenz“ (2003: 47) beschreibt, kann die Fotografie als dialogischer Denk- und Praxisraum betrachtet und für das Arbeiten in Situationen kultureller Differenz eingesetzt werden (Abel/ Deppner 2013: 17). Um diesen Denk- und Praxisraum für die transdisziplinäre bzw. transformative Forschung nutzbar zu machen, gilt es, die Fotografie in systematisierter und nachvollziehbarer Form zum Einsatz zu bringen, ohne dabei die Qualität der Undiszipliniertheit einzu büßen. Mit der Konzeptualisie- rung und Systematisierung von Generativer Bildarbeit wird ein methodolo- gischer Rahmen präsentiert, der genau das erfüllen kann und sich insofern als konkrete Form für die transdisziplinäre Grenzarbeit eignet. Es geht dabei um ein Grenzarbeiten, das seinen Aus gangspunkt im Generativen der beteiligten Menschen hat und von kultureller Differenz geprägt ist. In meinem Ausblick möchte ich dazu eine Utopie für die Forschungs- praxis formulieren — wobei ich mich einmal mehr von einer Episode aus Paulo Freires Leben inspirieren lasse. Freire reflektiert sein eigenes Wirken im Zusammenhang mit Differenzverhältnissen, wenn er beschreibt, dass er in seinem frühen Hauptwerk, der „Pädagogik der Unterdrückten“ (1978), auf sprachlicher Ebene viel zu sehr seinem Habitus als Universitätsprofessor verhaftet gewesen sei. Er habe eine Sprache verwendet, mit der er seinen Anliegen nicht durchgängig gerecht werden konnte. „Es ist die Sprache, die zu einem Kleinbürger gehört, zu einem Univer- sitätsprofessor, der, als das Buch geschrieben wurde, noch nicht das Professor-Dasein leid hatte […]. Ich bin davon überzeugt, daß es möglich ist, sehr viele Dinge, die kompliziert erscheinen, in der Sprache des Volkes zu sagen, oder zumindest in einer Sprache, die mehr oder weniger verständlich ist, obwohl es wohl immer sprachliche Probleme geben wird.“ (Freire 1981: 64–65) Im Gegensatz zu seinen eigenen kritischen Gedanken kamen jedoch Stimmen von Arbeiter_innen auf, die die „Pädagogik der Unterdrückten“ lasen und diese gut verstanden, allerdings mit der brieflichen Bitte an ihn herantraten, er möge sein Schreiben und seine Analysen über die Arbeiterschaft nicht in dieser Form an sie, die Arbeiter_innen, richten, denn sie wüssten ja über ihre eigene Situation Bescheid:
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Generative Bildarbeit Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Title
Generative Bildarbeit
Subtitle
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
Author
Vera Brandner
Publisher
transcript Verlag
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-5008-6
Size
14.8 x 22.5 cm
Pages
276
Keywords
Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
Category
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