Page - 59 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
Image of the Page - 59 -
Text of the Page - 59 -
mus“203undhätte, wieDavidOels zuRecht bemerkte, „vermutlich auch
gern sich selber so bezeichnet“204.
Tatsächlichäußerte sichBrechtbereits imDezember1919indernicht
erhaltenen Rede „HofmannsthalsMärchen ,Die Frau ohne Schatten‘ im
Zusammenhange seines Dichtens“ öffentlich zu dessen Werk,205 1923
verwendete er in seiner Publikation „Grundlinien im Werke Hugo v.
Hofmannsthals“zumerstenMaldas„Admeipsum“undveröffentlichte in
FolgeAufsätze über „HofmannsthalsWeltbild“, den Jedermann, den lite-
rarischenNachlass,Das Bergwerk zu Falun,Die Ägyptische Helena, seine
Gespräche und Begegnungenmit demDichter und edierte das „Adme
ipsum“.206Bemerkenswert andiesenBeiträgen istnebenderenBedeutung
fürdieHofmannsthal-Forschung, derenAnfängeBrechtmaßgeblich und
nachhaltigmitprägte,207vorallemderStil vonBrechtsWissenschaftsprosa
undseinedarausresultierendeAuffassungderDeutschenPhilologie.Schon
Brechts Beitrag zur Festschrift für Bernhard Seuffert von 1923 über die
„Grundlinien im Werke Hugo v. Hofmannsthals“ zeigt deutlich seine
Distanzierung vonwissenschaftlichen und seine Annäherung an literari-
scheAusdrucksformen. Bei diesemBeitrag handelt es sich nicht umeine
sachlich-distanzierte Darstellung, sondern vielmehr um einemit Zitaten
ausHofmannsthalsWerk verseheneundumstrukturierteVersiondes „Ad
me ipsum“, alsoumeineErklärungdesDichtersmitWortendesDichters
oder, wieOels feststellte, um „dichtende Philologie“208. Brechts Fachkol-
203 ErikaBrecht: Erinnerungen anHugo vonHofmannsthal (1946), S. 40.
204 Oels: „…dennunsere Berufe sind doch so ineinander verhäkelt“ (2007), S. 51.
205 Oels: „…dennunsere Berufe sind doch so ineinander verhäkelt“ (2007), S. 40.
206 Vgl. u.a. Brecht:Grundlinien imWerkeHugo v.Hofmannsthals (1923); ders.:
Fragmentarische Betrachtung über HofmannsthalsWeltbild (1924); ders.: Die
Vorläufer von Hofmannsthals „Jedermann“ (1924); ders.: Hugo von Hof-
mannsthals „Adme ipsum“und seine Bedeutung (1930); ders.: Über den lite-
rarischen Nachlaß Hugo von Hofmannsthals (1930); ders.: Über Hugo von
Hofmannsthals„BergwerkzuFalun“(1932);ders.:Gesprächüberdie„Ägyptische
Helena“ (1949).
207 Vgl. Osterkamp: Formale, inhaltliche und politische Akzeptanz von Gegen-
wartsliteratur (1993),S.174:„ImFalleBrechts,beidemerdasgrößteVerständnis
für sein Spätwerk vermuten durfte, hatteHofmannsthal ganz auf denRichtigen
gesetzt, alser ihmseinewerkbiographischeSelbstdeutung,Admeipsum‘übergab:
Brechts Edition undKommentar haben, wohl ganz im Sinne des Dichters, die
Deutung von Hofmannsthals Werk als eines Ganzen auf viele Jahrzehnte hin
bestimmt (unddies keineswegs immer auf klärendeWeise).“
208 Oels: „Denkmal der schönstenGemeinschaft“ (2007), S. 41. –ChristophKönig
bezeichnetdenAufsatzBrechtsüberdas„Admeipsum“sogarals„Plagiat“;König:
Hofmannsthal als Interpret seiner selbst (1999), S. 62 (Anm. 3).
I.3. Philologie undmoderate Geistesgeschichte 59
back to the
book Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)"
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Title
- Germanistik in Wien
- Subtitle
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Author
- Elisabeth Grabenweger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 290
- Keywords
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Category
- Lehrbücher