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NichtsdestotrotzengagiertesichBrechtfürseineStudierendenüberdie
Promotion hinaus und verhandelte – teilweise mit Unterstützung von
HugovonHofmannsthal–überJahrehinwegmitdemWienerVerlagKola
über eine eigene Reihe, in der Dissertationen aus der Neugermanistik
veröffentlicht werden sollten.231Diese „Sammlung à la Probefahrten“232
konnte Brecht in Wien jedoch nicht mehr realisieren. Einige der von
Brecht betreutenDissertationen erschienen aber in derLiterarhistorischen
ReihedesSammelwerksDeutscheKultur,dieBrechtab1924herausgab.Das
SammelwerkDeutscheKultur,dasalsPublikationsorganfürAngehörigeder
WienerUniversitätdiente,betreuteBrechtgemeinsammitdemHistoriker
AlfonsDopsch, der für dieHistorische Reihe verantwortlichwar. ImVer-
lagsprospekt hieß es 1925 zum Programm der Sammlung, dass beide
Publikationsreihen, obgleich jede für sichbestünde, „einhöheresGanzes“
bildeten: „Deutsche Kultur, sowohl die geistige als die materielle, soll
Forschungsgebiet wie Idealziel beider sein.“233 Ideologisch stand dieses
Unterfangen durch Dopsch, der früh für den Anschluss Österreichs an
DeutschlandStimmungmachte234undwiederAltgermanistRudolfMuch
dem katholisch-deutschnationalen und betont antisemitischen Verein
DeutscheGemeinschaftangehörte,demvölkischenLagernahe.235Indervon
Brecht geleiteten Literaturhistorischen Reihe erschienen aber auchDisser-
tationen von jüdischen Studierenden,wie die vonMarianneBeyer-Fröh-
lich,236einerWienerStudentinvonBrechtundspäterenMitarbeiterindes
monumentalenSammelwerksDeutscheLiteraturinEntwicklungsreihen,das
231 Vgl. Brief vonBrecht an PaulKluckhohn vom2. August 1921;DLAMarbach,
Bestand: Paul Kluckhohn; Hofmannsthal/Brecht: Briefwechsel (2005), S. 40
(Brief vonHugo vonHofmannsthal anBrecht vom8. Februar 1922); Brief von
Brecht an Kluckhohn vom 16. Juli 1923; DLAMarbach, Bestand: Deutsche
Vierteljahrsschrift.
232 Brief von Brecht an Paul Kluckhohn vom2. August 1921;DLAMarbach, Be-
stand:PaulKluckhohn. –Mit „Probefahrten“nahmBrechtBezug auf die bereits
erwähnte, ähnliche Reihe Probefahrten. Erstlingsarbeiten aus dem Deutschen Se-
minar inLeipzig (1905–1930), dieAlbertKöster herausgab.
233 [Anonym/Verlagsprospekt:]DeutscheKultur (1925), S. 257.
234 Vgl.Dopsch:DerAnschlußDeutsch-Österreichs andasDeutscheReich (1919).
235 Vgl.Rosar:DeutscheGemeinschaft (1971).
236 Beyer-Fröhlich:JohannJakobMoser inseinemVerhältniszumRationalismusund
Pietismus (1925).Weitere vonBrechtbetreuteDissertationen,die indieserReihe
erschienen, sindRudolf Henz:DieLandschaftsdarstellung bei JeanPaul (1924);
Robert Hartl: Versuch einer psychologischen Grundlegung der Dichtungsgat-
tungen (1924); FranzHorch:Das Burgtheater unterHeinrich Laube undAdolf
Wilbrandt (1925); Alice Tröthandl-Berghaus:DieDramendesMartinHaynec-
cius (1927). I. Die Verfasstheit derWiener
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Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Title
- Germanistik in Wien
- Subtitle
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Author
- Elisabeth Grabenweger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 290
- Keywords
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Category
- Lehrbücher