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abernichtalsAutorinverhandeltwird, sondernalsAssistentinundgeistige
Zuarbeiterin ihresMannesFriedrichSchellingundals Inbegriff derMuse
imKreis derRomantiker.125DerGroßteil der Sekundärtexte stammt von
Lehrern, Schriftstellern, Privat- undUniversalgelehrten, also vonVerfas-
sern,dienichtdemuniversitärenBetriebangehörtenundsomitnur einen
schwachen Institutionalisierungsgrad aufwiesen. Doch selbst im außer-
akademischenBereich fanden die Autorinnen vor allem als Freundinnen
und/oderBriefpartnerinnenberühmterZeitgenossenBeachtung,126wobei
dieBriefedermännlichenKorrespondenzpartnerzumeistpubliziertwaren,
die Gegenbriefe der Autorinnen von Touaillon aber aus den Original-
handschriftenzitiertwerdenmussten.127AuchbeidenPrimärtextenkonnte
Touaillon – obwohl das 19. Jahrhundert in der Universitätsgermanistik
wahrlich als Jahrhundert der editorischen Großunternehmungen be-
zeichnetwerdenkann–nur inzweivonüber240FällenaufNeuausgaben
zurückgreifen, die jedoch ebenfalls nicht von Universitätsgermanisten
besorgt worden waren.128Autorinnen wurden in populären Literaturge-
schichten also in eigene Bereiche separiert129und innerhalb der universi-
125 Schmidt (Hg.):Caroline (1913). –Caroline Schelling veröffentlichte unter eige-
nemNamen nichts, ihre Theaterkritiken, Rezensionen und Übersetzungen er-
schienenunter demNamen ihresMannes Friedrich Schelling.
126 Liebes- und Ehebriefwechsel mit bekannten Schriftstellern waren besonders be-
liebt; u.a. der vonTouaillon verwendeteBriefwechsel zwischenClemens Brentano
und SophieMereau (Brentano/Mereau: Briefwechsel [1908]). Vgl. aber auch die
(ebenfalls von Touaillon benutzte) Ausgabe des nicht-akademischen Goethe-
ForschersGustav vonLoeper (Goethe: BriefeGoethe’s an Sophie LaRoche und
BettinaBrentano [1879]).
127 SozitiertTouaillonz.B.WielandsBriefeanLaRocheausHassencamp(Hg.):Neue
Briefe Chr[istoph] Mart[in] Wielands vornehmlich an Sophie von La Roche
(1894); die Briefe LaRoches anWieland aber ausOriginalhandschriften in der
KöniglichenBibliothekDresdenundimGoethe-undSchillerarchiv inWeimar.–
Insgesamt lassen sich dieVeröffentlichungen vonAutorinnenbriefen im19. und
frühen 20. Jahrhundert wegen ihrer weitverstreutenKlein- undKleinsteditionen
zu Recht als „heilloses Durcheinander“ bezeichnen. Becker-Cantarino: Schrift-
stellerinnenderRomantik (2000), S. 161.
128 Dabei handelt es sich um die (mit einem ,informativen‘ Untertitel versehene)
Edition von Wolzogens Agnes von Lilien des Journalisten und Schriftstellers
Ludwig Salomon (Agnes von Lilien. Roman in zwei Bänden von Karoline von
Wolzogen,SchillersSchwägerin[1881])unddieEditionvonLaRochesFräuleinvon
Sternheim desHamburger Lehrers KunoRidderhoff (La Roche: Geschichte des
Fräuleins vonSternheim [1907]).
129 Bezeichnenderweise istdiejenigeLiteraturgeschichtedes19. Jahrhunderts, aufdie
sichspäterauchUniversitätsgermanistenberiefen,dieeinzige,die–mitAusnahme
II. Christine Touaillon
(1878–1928)130
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Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Title
- Germanistik in Wien
- Subtitle
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Author
- Elisabeth Grabenweger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 290
- Keywords
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Category
- Lehrbücher