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ren/ vnd villeicht die gräntzen derselben Sittsamkeit vberschritten habe/ die man
in dergleichen Glaubens-streitten/ pflegt vnd soll beobachten.
Hierzu nun hat mich für das erste bewegt der anlaß/ weilen Jhr bey disem streitt
die jenigen/ so vns herauß gefordert/ vnd die Jhr euch mit spötter-waffen habt
ins feld gelegt/ also daß an statt der widerlegungen/ Jhr mit schmäh-zetteln zu-
gedonnert habt ; Solt jhr es dahero eben so wenig vbel auffnemmen/ alß <12>
sich einer/ der die Bienen reitzet/ vber jhre stich beklagen darff.
Anderten theils hat mich darzu bewegt derselbe Eiffer/ der zu zeiten einen vn-
gemessenen zorn zwar zuerregen pflegt/ aber einen solchen zuverstehen/ der/
ob wol er hitzig/ dannoch der vernufft gemäß/ vnd nöthig ist/ einer solchen
vermessenheit/ wie die eurige/ zu widerstehen ; Dann wann zu zahmung eines
vnbendigen Füllin/ der zaum vnd Nasenring nit helffen will/ so muß man endli-
chen die Peitschen brauchen.
Vnd in disem hab ich vor mir/ den spiegel meines Herrn/ welcher als er seinen
Tempel sahe/ <13> von dem lasterhafften Volck verunreinigen/ sich also ent-
zündet/ daß Er eine Peitschen von Stricken gemacht/4 vnd sie alle zum Tempel
hinauß getriben.
Entlich hat mich auch das beyspiel so viler Heiligen alten Kirchen-Vätter/ hierzu
bewegt/ welche/ wann sie an ein so beschaffnes Volck geschriben/ keine scharpfe
wort gespart/ sie mit stich- vnd Spott-reden außgehandelt/ vnd jhnen allerley
Schand-Nahmen gegeben haben.
Nun haben sie solches zu einer zeit gethan/ da die wunden noch so frisch
vnd blutig war/ waß <14> sollen dann nit wir/ da sie bereits schon faul vnd
stinckend worden ; vnd (so vil ich sihe) ists mit linden salben/ vnd den süssen
mitteln doch bereit vergebens/ sondern es gehört hierzu die macht deß Feurs/
vnd deß Eisen-zeugs/ welche/ ob sie zwar im ersten augenschein/ für gar zu
scharff vnd streng gehalten werden möchten/ (weilen das eine brennt/vnd das
andere schneidet) so brennet doch nur das eine zum reinigen/ das ander aber
schneidet zum heylen/ der gestallt/ daß gleich wie die grausamkeit barmher-
tzig ist/ also wird der schmertzen auch heylsam seyn/ wann anders bey denen
<15> krancken (deren gesund-machen nit vil weniger als verzweifelt) noch so
vil erkantnuß zu finden/ daß sie wissen mit einer zubereiteten seele/ die art-
zeneyen anzunehmen. Gleichwol hierbey erinnerend/ daß ich nit mit andern/
dann mit nur euch Vieren/ als den vornembsten Häubtern ; Vrhebern nit al-
lein des außgesprengten Buchs/ sondern auch Vrsachern der gantzen neuen
auffruhr/ zu reden begehr ; dann hiervon seyn außzunehmen/ vnd in etwas zu
4 Ioan. 2.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 170
- Keywords
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Categories
- Weiteres Belletristik