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Wolken/ das Feur den Rauch/ die Rosen jhre Dörner/ das Traid sein Stroh/ der
Wein die Hefen/ das Eisen den Rost/ das Golt den Schlakk/ der Himmel die be-
wegung/ der <72> Mond die Flekken/ die Sonnen jhre Finsternuß/ die Sternen
jhre böse einflüß.
Vnd deßwegen/ dörfft jhr euch vnderstehen/ die Element/ vnd die vermischung ;
den Himmel vnd alle Himmelsliechter zuschelten ? Zerlumpte Nachleser, vnd wan
die Müntz gut ist/ warumb wolt jhr sie nit nehmen/ ob der Auszahler gleich
raudige Hände habe ? Wann die Artzney heilsam/ warumb stost jhr sie von Euch/
mit sagen/ daß der Artzt krank seye ? Wann das Wasser klar/ waß ist euch daran
gelegen/ ob das Geschirr/ worauß jhr sol<73>ches trinkt/ Gulden oder Jrrdin
seye ? (alles was Sie euch sagen/ das thut ; aber nach jhren Wercken solt jhr nit thun.)15
Erjnnert jhr euch nit/ desselben Elie/ der das Brodt zur Hunger-stillung ange-
nommen/ ohne achtgebung/ daß es jhm ein Rab gebracht habe ?
Vnd waß gehen euch dieselben Sachen an/ über welche GOtt allein zu vrtheilen
hat ? Wunderselzam ist es/ daß die arme Sonne/ die mit vnfehlbarer Richtschnur/
nie vnterläst/ jhr Liecht der ganzen Welt zu zeigen/ vmb <74> ein wenigs/ daß
Sie sich verfinstere/ die ganze Welt muß übel von jhr reden lassen ; daß eine arme
Vhr/ vmb ein einigsmahl/ daß Sie falsch gehe vnd nit recht schlage/ die ganze
Statt mach brummeln. Vnd daß ein fromer Geistlicher/ der alle Tag bemüht ist/
sich im willen Gottes/ vnd den Werken der Lieb zu üben/ vmb deß ringsten
Fehlers willen/ (gesetzt/ daß Er immer auß gebrechlichkeit sündige) soll von
jederman geschändt werden.
Jhr überlästige Schnaken/ So ist dann euch erlaubt/ euch an jeder kleinen Sünd zu
är<75>genen/ vnd andere sollen eure grobe Laster/ euch nicht auffrupffen dörf-
fen ? Warumb schaut jhr nit vil lieber auff euch selber/ vnd beseht euch in dem
Spiegel der eignen Erkendtnuß/ worin jhr sehen werdet/ daß eure Weißheit/
die Schazkamer/ der Schiff-grundt vnd der Wurzgarten aller Läster ist ? Die
gefärbten Gläser in denselben Brillen einer verderbten feindseligkeit/ machen
euch das maiste theil überzwerch/ vnd alles waß euch fürkombt/ einer gleichen
farb sehen.
Glaubwürdige Geschicht-schreiber erzehlen ein artliches zutragen/ mit einer ge-
wissen La<76>mia/ die da falsche gemalte Augen soll gehabt/ vnd selbige so offt
Sie durch die Statt gieng/ an der Stirn getragen haben/ als mit denen sie/ daß
allerringste/ so fürüber gieng/ außspehete/vnd sahe ; die sie aber/ sobald sie nach
Hauß kame/ in einen Becher legte/ vnd also gäntzlich Blind verbliebe.
Daß ist eben auch euer brauch (auffgeblasne Phariseer der vermusterten Kirchen)
15 Matth. 23. 3. Reg. 17.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 170
- Keywords
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Categories
- Weiteres Belletristik