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Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
aptierten Raum des Louvre befindet, verherrlicht wird : »Grand’Royne, qui estes le
pilote de la France, sur laquelle se repose le salut public […]«.4 Im Sinne des allgemei-
nen Staatsinteresses und der Stabilität präsentieren die Schriften der jeweiligen Glau-
bensgemeinschaften das eigene Wirken als Beitrag zum Schutz der Monarchie, die
Tätigkeit des Gegners hingegen als Bedrohung der öffentlichen Ordnung und sogar
der Person des jungen Königs. Mit zahlreichen Beispielen aus dem Alten und Neuen
Testament stellen sich vor allem die kalvinistischen Autoren als die wahren französi-
schen Patrioten dar, die die Ausübung der Religion der politischen Struktur unterord-
nen und als Befürworter einer protestantischen Nationalkirche die Unabhängigkeit
des Königreichs garantieren können, während die katholischen Fraktionen immer des
Verrats der nationalen Interessen an den Papst bzw. an Spanien bezichtigt werden. Die
Frage des alleinigen und bedingungslosen Gehorsams gegenüber dem Herrscher wird
zum entscheidenden Streitpunkt ; in Anti-Iesuiste wird in diesem Sinne auch auf einen
Ausspruch von Franz I. hingewiesen : »Voyla pourquoy le Roy Francois premier disoit,
que tout Estat de Republique ou de Monarchie ne consistoit qu’en deux poincts, au
iuste commandement du Prince, & en la loyale obeissance des subjects« (S. 86).
Dem biografisch nicht fassbaren Vergoncey ist wohl die Abhandlung Le Pelerin
veritable de la Terre Saincte, auquel, soubs le discours figuré de la Ierusalem Antique et Mo-
derne de la Palestine est enseigné le chemin de la Céleste (Paris 1615) zuzuschreiben, die
im politischen Sinne die berühmte Schrift über die Pilgerfahrt nach Loreto von Louis
Richeome (Le Pélerin de Lorète, vœu à la glorieuse vierge Marie, mère de Dieu, Bordeaux
1604)5 ergänzen möchte, um dem jungen König Ludwig XIII. den richtigen Weg in
eine glorreiche Zukunft Frankreichs innerhalb des europäischen Kräfteverhältnisses
zu weisen. Nach der Rückkehr von einer Pilgerfahrt in das Heilige Land versucht
der Autor seinen Lesern die strategische Bedeutung der Beherrschung des östlichen
Mittelmeers (»les affaires du Levant«) deutlich zu machen und ruft zu einer neuen
Form des Kreuzzugs auf, durch welchen den christlichen Nationen Europas der Zu-
gang zu diesen wichtigen Gebieten gesichert werden soll. In vier Büchern schildert Le
Pelerin veritable die Wege nach Jerusalem über die griechischen Inseln, Ägypten und
die Halbinsel Sinai mit praktischen Hinweisen und ausführlichen Beschreibungen
der Örtlichkeiten, welche zusätzlich in zahlreichen Karten dargestellt werden. Be-
merkenswert sind neben den überraschenden Analogien zwischen der geografischen
und der spirituellen Reise die zahlreichen, teilweise fantastischen Interpretationen der
natürlichen und kulturellen Gegebenheiten.
4 Anti-Iesuiste, S. 72.
5 Vgl. auch die anonyme Geistliche Walfahrt in das Heilige Hauß zu Loreto. Wien : Johann Jakob Kürner
1659.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 170
- Keywords
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Categories
- Weiteres Belletristik