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110 Der Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
populorum concorsu devotè colitur (Wien : Matthäus Rickhes 1652), worin eine ausführ-
liche Beschreibung der Marienwunder in Form von Erscheinungen und Heilungen in
der Wallfahrtskirche Mariä Geburt von Wranau bei Brünn (Vranov u Brna) in Mäh-
ren vom 14. Jahrhundert bis zum 18. August 1651 enthalten ist.
Neben der in den katholischen Ländern zur Zeit der Gegenreformation besonders
weit verbreiteten Marienverehrung beginnt um die Mitte des 17. Jahrhunderts in der
österreichischen Monarchie auch die Vorstellung von der Eucharistie als staatspoli-
tisches Element eine besondere Rolle zu spielen. Die ab dem Ende des 17. Jahrhun-
derts für die Pietas Austriaca so typischen Glaubensinhalte beschreibt der Jesuit Jo-
sephus Schalletarus (1658–1712) in seiner 1693 in Wien erschienenen Abhandlung
Recentissima Pietatis Austriacæ Monumenta Leopoldi Primi […] et Maiorum ejus in Deum,
S. Crucem, SS. Eucharistiam Religio et B. V. Mariæ Cultus. In ausgeklügelten Wortspie-
len werden Bezüge zwischen den Namen von Personen oder Ländern auf der einen
und religiösen Konzepten auf der anderen Seite hergestellt, wie das in der Literatur
häufig genannte und gewöhnlich dem Historiografen Gregorio Bulzio zugeschriebene
Anagramm Eucharistia – hic Austriæ, das allerdings eher aus einer Ode Nicolaus von
Avancinis (s. unten) zu stammen scheint. Schon eine Generation zuvor hat der italie-
nische Franziskaner Didaco Tafuri da Lequile (Donatus Maria Tafuri, auch : Diego da
Lequile ; 1604–1673) in seiner 1655 in Innsbruck gedruckten Schrift Colossus Angelicus
Austriacus sive Austriæ Sobolis admiranda moles Apocalypsea Religione constans die unge-
wöhnliche Stärke des Hauses Habsburg auf dessen unerschütterlichen Glauben an die
Eucharistie zurückgeführt und in seinem genealogischen Ehrenwerk Pietas Austriaca,
septies sibi fortuna, ac totidem suæ fortunata posteritati (Innsbruck 1655–1656) den habs-
burgischen Adler mit einer Hostie im Herzen dargestellt.
Der bereits mehrfach erwähnte Nicolaus von Avancini besingt im Gedicht Nr. 21
des vierten Buches seiner Poesis lyrica (1659) auch die Eucharistie als Labung der
öster reichischen Herrscher – Eucharisticus panis est Austriacorum Regnorum alimona.
Zu Beginn wird die Eucharistie als Lockspeise der Dynastie, als königliche Amme der
Kaiser und als vortreffliche Tafel der habsburgischen Familie bezeichnet :
[…] Evcharis Austriæ
Est esca Stirpis, regia Cæsarum
Altrix, ab Habspurgo Parente
Archiducum preciosa mensa. (S. 366)
Sie biete dem Land und seinen Herrschern Schutz in allen Schlachten, von den Kreuz-
zügen bis zu den Türkenkriegen. Avancinis Ode schließt mit dem bereits zitierten
berühmten Anagramm, das die Eucharistie als Brot Österreichs interpretiert :
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 170
- Keywords
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Categories
- Weiteres Belletristik