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111Der
Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
Hic Panis Evcharistia. Audi
Quod Proavis anagramma quondam
Tuis canebam : Panis Hic Austriæ.
Nec plura dicam : hac voce perennium
Dixi coronarum virorem, &
Austriadûm sine fine lauros. (S. 368)
Weniger deutlich als die Marienverehrung als eines der Fundamente der Monarchie im
17. Jahrhundert findet sich die Verherrlichung der Eucharistie auch in französischen
Texten dieser Zeit, z. B. in der Hymne sur les merveilles de la Saincte Eucharistie, & sur
les effets qu’elle produit en l’ame des fidelles (Paris : Francois Jacquin 1611 und 1613) von
Jacques de La Vallée, der im Vorwort vom Wunder seiner Bekehrung durch das ka-
tholische Sakrament der Eucharistie schreibt : »C’est vous ô tres-Auguste Sacrement,
qui pour causer le miracle de ma conuersion daignastes me preuenir, en me forçant de
vous recognoistre auant que de vous cognoistre […]« – Achtsilbler in zwölfzeiligen
Strophen, die in der ersten Hälfte immer mit »Ie vous salue« beginnen.
Heinrich Schmidts Ăśbersetzung von Giambattista Marinos La sferza invettiva fin-
det in Wien 1655 ohne Zweifel ein gesellschaftliches Umfeld vor, welches von bereits
Jahrzehnte andauernden gegenreformatorischen Maßnahmen geprägt ist. Insgesamt
scheint die Stadt in diesen Jahren nach dem Friedensschluss einen Aufschwung zu
erleben, der sie zu ihrer zentralen Bedeutung in den folgenden Jahrhunderten fĂĽhren
wird : »Um die Mitte des 17. Jahrhunderts war Wien nicht wesentlich größer als Prag
mit seinen 40.000 Einwohnern und rund 2.500 bewohnten Häusern. Dennoch zählte
Wien zu jenen wenigen städtischen Zentren im Reich, die als ›Gewinner‹ des Krieges
zu bezeichnen sind.«28
Die Hauptstadt Österreichs hat um 1650 geschätzte 50.000 Einwohner.29 Der
protestantische Anteil an dieser Bevölkerung, der vor dem Ausbruch des Dreißig-
jährigen Krieges noch bei ca. 60 Prozent lag (1617 berichtet der katholische Bischof
Melchior Khlesl von 32.000 protestantischen Kommunikanten), ist inzwischen auf
einen harten Kern von maximal 5.000 Personen geschrumpft.30 Mit diesen Verände-
rungen in der konfessionellen Zusammensetzung der Bevölkerung Wiens gehen wirt-
schaftliche Zwänge einher, die zu dem ideologischen Konflikt der Kriegsjahre noch
hinzukommen. NatĂĽrlich steigt die steuerliche Belastung ab 1618 infolge des immer
28 Andreas Weigl : Residenz, Bastion und Konsumptionsstadt : Stadtwachstum und demographische Ent-
wicklung einer werdenden Metropole. In : Andreas Weigl (Hg.) : Wien im Dreißigjährigen Krieg. Bevöl-
kerungÂ
– GesellschaftÂ
– KulturÂ
– Konfession. Wien-Köln-Weimar : Böhlau 2001, S.Â
31–105 ; hier S.Â
103.
29 Vgl. Weigl : Residenz, Bastion und Konsumptionsstadt, S. 57.
30 Weigl : Residenz, Bastion und Konsumptionsstadt, S. 60f.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 170
- Keywords
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Ăśbersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Categories
- Weiteres Belletristik