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132 Der Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
sondern erregen sogar die Rivalität mit anderen Ordensgemeinschaften. Ein Beispiel
dafĂĽr ist die 1658 in Wien verfasste, an einem unbekannten Ort gedruckte Apologia
contra imposturas Jesuitarum von Valeriano Magni, worin sich der Autor an einen
Freund namens Theophilus wendet, um von den vielfältigen Betrügereien der Jesuiten
zu berichten : »Imposturæ, quibus prægravor à Jesuitis, sunt elaboratæ, & involutæ
tanto ac tali artificio, ut exonerent culpam in alios, referantque speciem virtutis« (S. 3).
Der in Prag in den Franziskanerorden eingetretene Italiener Valeriano Magni da
Milano (1586–1661) fungiert ab 1626 als apostolischer Missionar für Deutschland,
Ungarn und Polen und bekehrt u. a. Landgraf Ernst von Hessen 1652 in Wien. Sein
1628 veröffentlichtes Judicium de acatholicorum et catholicorum regula credendi wird 1641
in Wien nachgedruckt, und auch seine polemische Schrift De homine infami personato
sub titulis M. Jocosi Severi Medii (1654) erscheint erstmals in der kaiserlichen Residenz-
stadt. Als durchaus ernstzunehmender Gegner fährt Magni gegen die Jesuiten sofort
mit schwerem GeschĂĽtz auf, indem er sie der Heuchelei und der indirekten Tyrannei
beschuldigt : »Servant, inqvam, Jesuitæ, dignitatem sub umbra virtutis ; subdelegant
vero alios ad exercendam tyrannidem, & ex tali abdito, seu secreto prospectant jucundi
laborem meum adversus subdelegatos, ridentque horum simplicitatem, & indecorosa
obseqvia« (S. 4). Sie bedienen sich ihrer Mittelsmänner, welche entweder von materi-
eller Gewinnsucht oder von falsch verstandenem Gehorsam gegen Gott angetrieben
werden : »Sunt, qui, conscii falsitatis, & injustitiæ, prostituunt propriam famam, & con-
scientiam, turpis lucri gratia. Sunt, qui, decepti, existimant, omnia placita Jesuitarum
dirigi ad majorem gloriam Dei« (S. 4).
Magni setzt sich Punkt fĂĽr Punkt zur Wehr gegen die von den Jesuiten gegen ihn
vorgebrachten Anschuldigungen, er verbreite bei seinen Bekehrungen falsche Lehren
und fĂĽhre den Franziskanerorden in zu nachgiebiger Weise. Auch fĂĽhlt er sich von
Vertretern des Ordens systematisch in seiner Tätigkeit verleumdet und bei den kirch-
lichen Behörden angeschwärzt, ohne dass er auf Beistand hoffen kann. Daher stellt er
zum Schluss die zynische Frage : »Curve Jesuitæ non jubentur ; secedere à consortio
bonorum, aut satisfacere objectis ab universo Orbe ?« (S. 114)
Eine besonders weitverbreitete Verehrung erfährt zu dieser Zeit der jesuitische
Orientmissionar Francisco de Jassu y Xavier (1506–1552), der 1619 selig- und 1622
heiliggesprochen wurde. Avancini widmet ihm zwei Kapitel seiner Orationes. Pars II,
nämlich 23. De S. Francisco Xaverio. Anima Xaverij Charitas und 24. De S. Francisco
Xaverio. Indiarum Apostolus, worin vor allem seine Nächstenliebe und sein unerschüt-
terlicher Missionseifer mit zahlreichen Verweisen auf frĂĽhchristliche Gestalten als
vorbildlich beschrieben werden.79
79 Die europaweite Popularität dieses Heiligen manifestiert sich z. B. auch in einem Altarbild von Nicolas
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 170
- Keywords
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Ăśbersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Categories
- Weiteres Belletristik