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Vor 1918
Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
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108 Brian A. Stauffer »Bereit, mit Gottes Hilfe all unser Blut zu vergießen«: Rhetorik und Gewalt in Michoacán Der zunehmende Ultramontanismus der mexikanischen Kirche bildet den Hintergrund, vor dem die verschiedenen gewaltlosen Strategien, mit denen sich katholische Laien den Reformgesetzen widersetzten, zu verstehen sind. Einerseits bewirkte der neue Ansatz der Kirche eine Globalisierung des Kampfes gegen den Antiklerikalismus, in welchem die mexikanische Kirche an der Seite Pius’  IX. stand und zu geistlichen Gegenmitteln riet. Anderer- seits markiert er eine Anpassung an die liberale Ordnung, indem Katholiken dazu ermuntert wurden, sich in ihrem Bemühen um eine Rekatholisierung der Gesellschaft auf verfassungsmäßige Garantien zu berufen. Ein zentraler Punkt war, dass der Klerus die Logik der Volkssouveränität zu akzeptieren bereit war, rief der gemeinsame Hirtenbrief die Gläubigen doch dazu auf, ihr »legitimes Petitionsrecht« auszuüben47. Wenn sich zeigen sollte, dass die Reformgesetzgebung dem Volkswillen zuwiderlief, dann sei sie rückgängig zu machen. Die Berufung auf den »Volkswillen« gehörte bereits zum rhetorischen Standardrepertoire der »Protestbriefe«, wie sie Gruppen katholischer Män- ner und Frauen seit 1874 an die Redaktionen konservativer Zeitungen sand- ten. Üblicherweise waren diese Schreiben von Dutzenden katholischen »Bürgern« und »Damen« einer jeweiligen Ortschaft gezeichnet, verurteilten die Reformgesetze als dem Glauben schädlich und bemühten zu dessen Ver- teidigung häufig ein Vokabular, das den liberalen Verfassungsrechtsdiskurs anklingen ließ. Die Männer der Stadt Chalchicomula (Puebla) etwa forderten den Verbleib der Vinzentinerinnen in Mexiko, genössen sie doch »das Recht der Vereinigungsfreiheit, wie es in der allgemeinen Verfassung der Repu- blik festgeschrieben ist«48. Eine Frauengruppe aus Guadalajara prangerte die Reformgesetze als »antiliberalen Angriff« auf den Glauben an und gelobte, sie eher zu »Aposteln christlicher Bildung« zu bekehren als ihre Kinder auf eine säkulare Schule zu schicken49. Frauen aus Guanajuato erklärten, da die weibliche Hälfte der mexikanischen Bevölkerung die Reformgesetze einhel- lig ablehne und viele Männer dies ebenso täten, sei der Wille des Volkes ein- deutig auf Seiten der Kirche. Doch wollten sie sich zur Niederringung des Antiklerikalismus nicht auf die Männer verlassen: 47 Ebd., S.  335. 48 Mariano Villanueva y Francesconi, El libro de protestas. Recopilación de las manifestaciones y protestas de los mexicanos católicos, contra la ley anticonstituci- onal orgánica de la Reforma, que ataca la libertad del culto y las inmunidades de la Iglesia de Jesucristo, Mexiko-Stadt 1875, S.  167f. 49 Ebd., S.  225–228.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Title
Glaubenskämpfe
Subtitle
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Editor
Eveline Bouwers
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Size
15.9 x 23.7 cm
Pages
362
Keywords
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Categories
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