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Vor 1918
Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
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184 Tim Buchen Aussagen und Anzeigen die juristische Verfolgung der Gewalttäter. Aber sie vermieden es bewusst, Schadenersatz von den Verurteilten, meist mittello­ sen Bauern, zu verlangen. Der Gerechtigkeit sollte genüge getan werden; dem Vorwurf der Vorteilsnahme wollten sie sich nicht aussetzen. Es waren häufig wohlhabendere jüdische Gemeinden oder Individuen im übrigen Habsbur­ gerreich, die ihren Glaubensgenossen durch Spenden halfen. Die Ereignisse in Galizien, vor allem der verhängte Ausnahmezustand und die daran anschließenden Repressionen gegen jene politischen Parteien, deren Angebot sich direkt an die Bauern richtete, wurden anschließend aus­ führlich im Wiener Reichsrat debattiert. Doch außer dem jüdischen Abge­ ordneten im konservativen Polenklub Emil Byk ging niemand auf das erlebte Leid der galizischen Juden ein. Die Sozialdemokratie geißelte die staatlichen Übergriffe bei der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung, und der anti­ semitische Abgeordnete Pater Stojałowski erklärte die Juden aufgrund ihrer Ausbeutung der Bauern zu den Verursachern und durch den Ausnahmezu­ stand letztlich zu den Nutznießern der Exzesse: Demgegenüber constatiere ich, dass Gott sei Dank unsere Partei schon über 20 Jahre thätig ist und durch diese Zeit wohl immer gegen die Juden gekämpft hat und immer antisemitisch war, aber nie die Juden gehaut hat. Wenn es also zu Krawallen kam, so war es nicht unsere Partei, die dazu das Volk ermuntert oder aufgehetzt hat, sondern es waren die nationalen und confessionellen Brüder des Herrn Dr. Byk selbst …56. In das gleiche Horn stieß die antisemitische Wiener Satirezeitschrift Kikeriki, die in Karikaturen die Unschuld der durch Juden ausgebeuteten Bauern darstellte und Juden als die eigentlichen Räuber bezeichnete57. Ins­ gesamt nutzte die antisemitische katholische Presse die antijüdischen Vor­ kommnisse, um noch intensiver für eine dauerhafte und konsequente Tren­ nung der jüdischen und christlichen Sphären zu werben. Sie vereinnahmte die Gewalthandlungen in ihrem Sinne und forcierte die Ethnisierung der Differenz zwischen Christen und Juden. Zusammenfassung Die Untersuchung beider Gewaltwellen zeigt die wichtige Rolle religiö­ ser Mobilisierung für den Ausbruch. Im Vergleich der beiden maßgeblich durch den Klerus und eine Umkodierung der religiösen Identität beeinfluss­ 56 Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des Wiener Reichsrats: Sten. Prot. AH 21. Sitzung der XV. Session am 22. November 1898, S.  1481, URL: <http:// alex.onb.ac.at/cgi­ content/alex?aid=spa&datum=0015&size=45&page=240> (24.06.2019). 57 Siehe auch Unowsky, The Plunder.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Title
Glaubenskämpfe
Subtitle
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Editor
Eveline Bouwers
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Size
15.9 x 23.7 cm
Pages
362
Keywords
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Categories
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