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231Der
Bahnfrevel von Trillick
»vom Hass verblendeten Oranier«36. Die eher gemäßigte Dublin Evening Post
unterstützte Hollands Argumentation ausdrücklich, kritisierte »widerwär-
tige Versuche, den Verdacht auf Katholiken zu lenken« und beschrieb die vor
Ort unternommenen Anstrengungen, den genauen Tathergang zu rekons-
truieren37. Auf einem Ende Oktober in Dublin abgehaltenen Treffen der
»Liberal Registry Association« drückte John O’ Connell, Sohn des verstor-
benen Daniel O’ Connell, sein Bedauern über das »schreckliche Trillic [sic!]«
aus, fragte sich aber, wie man nur auf den Gedanken kommen könne, irische
Katholiken einer solchen Tat zu bezichtigen38.
Auch seitens der irisch-katholischen Mittelschicht, die entschlossen war,
ihr bürgerliches Ansehen zu wahren, traf der Vorwurf katholischer Barba-
rei auf deutlichen Widerspruch. Große Resonanz erfuhren die Bemühungen
des Reverend Manasses O’ Kane, eines Gemeindepfarrers in Omagh, der
eine Belohnung von 100 Pfund für Informationen, die zur Festnahme der
für den Bahnfrevel Verantwortlichen führten, auslobte. Aufgebracht wurde
der Betrag durch eine Subskription, an der sich vorrangig die katholische
Mittelschicht der Stadt beteiligte:
Anwälte, Kaufleute, Geistliche und Einzel-
händler. Der Text der Petition belegt beispielhaft, wie Kritiker unter Verweis
auf den Extremismus der Oranier den öffentlichen Diskurs umzulenken ver-
standen. In diesem Fall bot sich freilich auch dem katholischen Klerus die
Gelegenheit, sich in der Öffentlichkeit politisch hervorzutun39. Der Text des
Plakats, das die Belohnung bewarb, hob an mit der Verurteilung »einiger
intoleranter und prinzipienloser Stimmen in der Publikumspresse«, welche
die Katholiken dazu zwingen wollten, in der Verurteilung eines Mordver-
suchs an 800 Menschen als eine »nach Religionszugehörigkeit gesonderte
Klasse« zu handeln. Ferner wies die Petition die »verleumderischen Unter-
stellungen« zurück, derer sich die irischen Katholiken erwehren müssten,
und freute sich auf einen »unparteiischen, ruhigen und leidenschaftslosen
Prozess«, dem sich die mutmaßlichen Verschwörer vor den »dem Gesetz
unterstellten Richtern des Landes« zu unterwerfen hätten. O’ Kane schloss
mit einer Verurteilung unlängst abgehaltener Oranier-Demonstrationen,
bei denen unter Bannern marschiert wurde und Schüsse fielen, und die
angetan seien, »unsere Religionsgenossen zu beleidigen, parteiliche Stim-
mungen zu erregen, sowie Groll und Widerwillen zwischen Katholiken und
36 The Ulsterman, 20. September 1854.
37 Dublin Evening Post, 23. September 1854.
38 The Ulsterman, 25. Oktober 1854.
39 Eine faszinierende Analyse der Schwierigkeiten, die den katholischen Klerus Irlands
in seiner Auseinandersetzung mit Fragen von Politik und Gewalt begleiteten, findet
sich bei Rafferty, Violence, Politics, and Catholicism, S. 11–40.
Glaubenskämpfe
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Title
- Glaubenskämpfe
- Subtitle
- Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Editor
- Eveline Bouwers
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-10158-8
- Size
- 15.9 x 23.7 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- 19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
- Categories
- Geschichte Vor 1918