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Vor 1918
Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
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Page - 279 - in Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert

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279Französisch-katholische Reaktionen auf die Damaskus-Affäre Leidenschaft sprechen, als dass sie der Sache ihrer Mandanten damit einen Gefallen erwiesen«34. Die Juden Frankreich gliederten sich zu jener Zeit in zwei Hauptgruppen. Beim Ausbruch der Revolution lebten im Südwesten etwa 15  000 sephardi- sche Juden, deren Vorfahren aus Spanien und Portugal gekommen waren und sich in der Gegend um Bordeaux niedergelassen hatten. Dort hatten sie ihr Judentum jahrhundertelang im Geheimen praktiziert, ehe sie es ganz allmählich öffentlich machten35. Emanzipiert wurden sie jedoch auf einen Schlag, als sie 1790 zu gleichberechtigten Staatsbürgern wurden. Die zweite, größere Gruppe musste hierauf noch 18 Monate warten. Dabei handelte es sich um die Juden des Elsass und Lothringens, deren Zahl sich auf etwa 25  000 belief. Schon seit römischen Zeiten hatten sie in der Region gelebt und verteilten sich über die zahlreichen Dörfer des Landstrichs. Sie waren weit überwiegend arme Leute, die sich als Zwischenhändler betätigten. Damit zogen sie viel Feindseligkeit auf sich, und der Prozess ihrer Emanzipa- tion verlief eher stockend und wurde gar 1808 rückgängig gemacht36. Paula Hyman hat geschildert, wie diese Juden auch nach der Emanzipation ihre Lebensweise nur langsam änderten37. Doch in der ersten Hälfte des 19.  Jahr- hunderts zogen viele dieser und andere Juden allmählich in die Städte, ins- besondere nach Paris, wo sie in Kultur, Politik und Bankenwesen prominente Stellungen einnahmen38. 1840 fühlten sich die Juden Frankreichs bereits hinreichend selbstbewusst, um für ihre Glaubensbrüder im Ausland öffentlich Partei zu ergreifen39. Allerdings waren nicht alle ihre Mitbürger bereit, diese Haltung auch zu akzeptieren, und durch ihre Stellungnahmen während der Damaskus-Affäre fanden die Juden sich öffentlich bloßgestellt. Mit ihrer Kritik am Regie- rungshandeln standen Crémieux und andere prominente Juden alleine da. Auch der einzige jüdische Abgeordnete, Benoît Fould, erhob nur widerwillig seine Stimme im Parlament, um Ratti-Menton zu tadeln, wofür L’ Ami de la Religion et du Roi ihm vorhielt, sich »bitterlich beklagt« zu haben, und zwar nicht über den Mord an Pater Thomas, sondern über die Behandlung der beschuldigten Juden40. Präsident Adolphe Thiers nahm die Handlungen des 34 L’ Ami de la Religion et du Roi, 11.  Juni 1840. 35 Vgl. Paula Hyman, The Jews of Modern France, Berkeley 1998, S.  2–6. 36 Zur Emanzipation der Juden und dem sogenannten décret infâme siehe auch dies., Jews, Kap.  2 und 3. 37 Siehe auch dies., The Emancipation of the Jews of Alsace. Acculturation and Tradi- tion in the Nineteenth Century, New Haven 1991. 38 Siehe auch Christine Piette, Les Juifs de Paris (1808–1840). La marche vers l’ assimi- lation, Québec 1983. 39 Vgl. Lisa Leff, Sacred Bonds of Solidarity. The Rise of Jewish Internationalism in Nineteenth-Century France, Stanford 2006, S.  120–127. 40 L’ Ami de la Religion et du Roi, 6.  Juni 1840.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Title
Glaubenskämpfe
Subtitle
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Editor
Eveline Bouwers
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Size
15.9 x 23.7 cm
Pages
362
Keywords
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Categories
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