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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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63 Das Strafgesetz 1852 Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ erwachsenen weiblichen Individuen wird, weil mit gegenseitiger Ein- willigung getrieben, nur durch besondere Umstände Veranlassung zu gerichtlichem Einschreiten geben. « 244 Die Auffassung, dieses » Laster « sei auf eine Geistesstörung zurückzuführen, lehnte Schauenstein ab.245 Auch der Mediziner Eduard Hofmann, dessen 1878 erstmals erschiene- nes Lehrbuch der Gerichtsmedizin rasch zu einem der bekanntesten diesbezüglichen Werke avancierte, verstand zwar unter Päderastie nach wie vor grundsätzlich den Analverkehr und ging davon aus, dass der Gesetzgeber nur diesen gemeint habe. Doch wies er darauf hin, dass » bei vielen als widernatürliche Unzucht aufgefassten Fällen die Befriedigung des Geschlechtstriebes weniger durch den Anus, als vielmehr nur durch wechselseitige Manustupration erfolgt und häufig combinirte Excesse vorkommen. « 246 An » aktiven Päderasten « seien gar keine charakteristischen Kennzeichen zu beobachten. Als » diagnostisch verwerthbare Kennzeichen « der pas- siven Päderastie kämen am ehesten » die Erweiterung der Afteröffnung und die Erschlaffung des Sphinkters « in Frage, » was namentlich bei jün- geren und sonst gesunden Individuen auffallen muss. « 247 Die von Cas- per angeführten Erkennungszeichen betrachtete Hofmann als wertlos, da » Erschlaffung « und » dutenförmige Einsenkung der Hinterbacken « eher auf Ernährungszustand und Alter als auf eine bestimmte geschlechtliche Betätigung zurückzuführen seien.248 Schließlich nahm Hofmann auf jene Disziplin Bezug, der es durch die Medikalisierung des Geschlechtslebens und die Zurückdrängung religiöser Begründungen für die Ablehnung und Strafbarkeit nicht-prokreativer Sexualität im 18. und 19. Jahrhun- dert gelungen war, das Deutungsmonopol auch hinsichtlich gleich- geschlechtlicher sexueller Akte für sich zu behaupten: Der aus einem Konglomerat verschiedenster Wissenschaften hervorgegangenen Sexual- wissenschaft.249 Das Phänomen der » conträren Sexualempfindung «, wie 244 Schauenstein Adolf, Lehrbuch 2 160. Keine Erwähnung findet bei Schauenstein, dass auch die einverständliche Unzucht zwischen erwachsenen Frauen nach österrei- chischem Recht strafbar war. 245 Vgl Schauenstein Adolf, Lehrbuch 2 155. 246 Hofmann Eduard, Lehrbuch der Gerichtlichen Medicin. Mit gleichmässiger Berück- sichtigung der deutschen und österreichischen Gesetzgebung ( 1878 ) 187. 247 Hofmann Eduard, Lehrbuch 192. 248 Vgl Hofmann Eduard, Lehrbuch 192. 249 Vgl Lautmann Rüdiger, Seminar: Gesellschaft und Homosexualität ( 1977 ) 126; Brink- schröder Michael, Sodom 61.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
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