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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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143 Die österreichische Reformdiskussion von 1852 bis zum Ersten Welkrieg Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ Die Bemerkungen zu dem Entwurf stellten hinsichtlich des Delikts der Unzucht wider die Natur lediglich die schon in den Berichten zu den Vorentwürfen geäußerten Meinungen zusammen.569 Vom 3. Oktober 1892 bis zum 5. Juli 1893 beriet der ständige Strafge- setzausschuss in insgesamt 64 Sitzungen über die Regierungsvorlage.570 » [ D ]ie wichtige und in neuerer Zeit vielumstrittene Frage, ob die widerna- türliche Unzucht criminell zu bestrafen sei « 571, führte zu einer Debatte im Ausschuss, obgleich ein Antrag auf Streichung oder Einschränkung der Strafbestimmung diesmal nicht vorlag. Inhaltlich Neues brachte die De- batte allerdings nicht. Für die Beibehaltung der Strafbarkeit wurde ange- führt, dass sie die Verbreitung der widernatürlichen Unzucht eindämme und damit » die verderblichste Wirkung in sittlicher, physischer und auch cultureller Hinsicht « 572 hintanhalte. Der ärztlichen Ansicht, » die Päde- rastie [ sei ] meistens Ausfluss einer krankhaften Störung [ . ], die die Zu- rechnung der That ausschließt « 573, schloss sich der Ausschuss nicht an. Selbst wenn die widernatürliche Unzucht » öfter auf ein Gemüthsleiden zurückzuführen ist, als andere Delicte « 574, verlange dies nur eine beson- ders sorgfältige Prüfung im Einzelfall, nicht aber die generelle Aufhe- bung der Strafbarkeit. Beantragt wurde während der Ausschussdebatte, die Strafbarkeit in jenen Fällen zu erhöhen, in denen jugendliche Perso- nen verleitet worden waren oder es sich um gleichgeschlechtliche Prosti- tution handle. Die erforderliche Mehrheit dafür fand sich jedoch nicht.575 Dagegen wurde der Antrag des böhmischen Abgeordneten Joseph Šil an- genommen, bei der Strafdrohung auf die Angabe » bis zu fünf Jahren « zu verzichten, um eine Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu ermöglichen. In der Fassung des ständigen Strafgesetzaus- schusses lautet die Bestimmung, nunmehr in § 194: » Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen des- selben Geschlechtes, oder von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen. « 576 569 Vgl Zu 210 BlgStenProtAH 11. Session 247 f. 570 Vgl 709 BlgStenProtAH 11. Session 1. 571 709 BlgStenProtAH 11. Session 46 ( Hervorhebung im Original ). 572 709 BlgStenProtAH 11. Session 46. 573 709 BlgStenProtAH 11. Session 46. 574 709 BlgStenProtAH 11. Session 46 ( Hervorhebung im Original ). 575 Vgl 709 BlgStenProtAH 11. Session 46. 576 709 BlgStenProtAH 11. Session 184.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
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