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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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150 IV. Wunsch nach einem neuen Strafrecht Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ vor Augen stehen.603 Der Wunsch nach einer diskreten gleichgeschlecht- lichen Sexualität unter Erwachsenen, die sich ausschließlich im Priva- ten vollzog, konnte angesichts des regen Interesses der Öffentlichkeit und der Medien an derartigen Vorkommnissen nur als gescheitert gel- ten. Desgleichen hatten die zu Tage getretenen Affären auch offenbart, dass konträrsexuelle Neigungen vor keinem Gesellschaftskreis halt machten. Nicht nur unter der einfachen Bevölkerung wollte man da- her die Ausbreitung der Unzucht wider die Natur verhindern, vor allem sollten Personen, die öffentliche Ämter bekleiden, vor diesem » Laster « bewahrt werden. Die diesbezüglich geäußerten Befürchtungen schie- nen sich direkt auf die unmittelbar zurückliegenden homosexuellen Skandalaffären zu beziehen: » Verbreitete sich die Venus monstrosa, bestünde die Gefahr, daß sie auf Beziehungen zwischen Männern in öffentlicher Tä- tigkeit störend einwirkte und daß dadurch in weiterer Folge die öffentlichen Angelegenheiten Schaden litten. « 604 Noch stärker als bisher trat folglich die Verhinderung einer Verbreitung der Homosexualität in den Vordergrund. Diesem Anliegen entsprachen die Einführung des vormals unbekannten Verbrechens 605 der gleichge- schlechtlichen Prostitution im § 269 Z 3 des Entwurfs 1909 sowie die ver- schärften Jugendschutzbestimmungen in § 269 Z 2. Dass der Schutz der Jugend vor Sittlichkeitsdelikten vermehrt eingefordert wurde, war au- ßerdem dem zunehmenden Interesse am Verbrechertypus des » Kinder- schänders « geschuldet. Auch dafür mochte ein Verfahren den entschei- denden Anstoß gegeben haben, das großes mediales Echo ausgelöst hatte: Am 25. Oktober 1905 wurde der Physiologieprofessor Theodor Beer 603 Vgl Bruns Claudia, Skandale im Beraterkreis um Kaiser Wilhelm II. Die homo- sexuelle » Verbündelung « der » Liebenberger Tafelrunde « als Politikum, in Nieden Susanne zur ( hg ), Homosexualität 52. Zum Einfluss der Harden-Eulenburg-Affäre insbesondere auf die Wiener Öffentlichkeit vgl Spector Scott, Where Personal Fate Turns to Public Affair: Homosexual Scandal and Social Order in Vienna, 1900–1910, Austrian History Yearbook 38 ( 2007 ) 15. In Deutschland kam es als Folge der Har- den-Eulenburg-Affäre zu einem verstärkten Eintreten für die Bekämpfung der Ho- mosexualität sowie zu einer Verschärfung der Strafbestimmungen im deutschen Strafgesetzentwurf 1909, vgl Nieden Susanne zur, Homophobie und Staatsräson, in Nieden Susanne zur ( hg ), Homosexualität 17 ( 27 f ). 604 Erläuternde Bemerkungen zum Vorentwurf 1909, 237 ( Hervorhebung im Original ). 605 Die mann-männliche Prostitution wurde mit Kerkerstrafe bedroht und stellte da- her – im Unterschied zu den Delikten des § 269 Z 1 und 2 Entwurf 1909 – gem § 2 Entwurf 1909 ein Verbrechen dar.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
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