Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Recht und Politik
Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Page - 158 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 158 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Image of the Page - 158 -

Image of the Page - 158 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Text of the Page - 158 -

158 IV. Wunsch nach einem neuen Strafrecht Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ führung « war dabei freilich denkbar schlicht: Ließ sich ein » natürlicher Geschlechtsverkehr « nachweisen, so stufte er eine ( spätere ) widernatür- liche Unzucht als » Endergebnis geschlechtlicher Ausschweifungen « 643 ein. In diese Logik fügte sich Hoegels Forderung ein, der Staat habe die widernatürliche Unzucht zu bekämpfen, um » die gesunde Abscheu des Volkes aufrecht zu erhalten « 644 und ihrer » Verbreitung auf weitere Be- völkerungskreise entgegenzuwirken « 645. Die Grenze der Strafbarkeit war nach Hoegel zwischen » abstoßen- dem « und » abnormem « Verhalten zu ziehen.646 Bloße Umarmungen und Küsse, die Darstellung » diese[ r ] Unzuchtsformen im Lichte reiner Liebe «, alles erschien ihm » widerlich « 647. Allerdings sollten nur drei Formen der widernatürlichen Unzucht tatsächlich unter Strafe gestellt werden: Die gleichgeschlechtliche Unzucht, die Unzucht mit Tieren und – hier traf er sich mit Lammasch und dem Stoossschen Entwurf ei- nes Schweizer Strafgesetzbuchs 1894 – die Unzucht mit Leichen. Als Ver- brechen müsse die gleichgeschlechtliche Unzucht nur behandelt wer- den, wenn sie mit Anwendung oder Androhung von Gewalt, an einer im Zustand der Wehr- oder Bewusstlosigkeit befindlichen Person oder an einer Person, der die Einsichts- und Urteilsfähigkeit fehlt, verübt wurde. Die übrigen Fälle der gleichgeschlechtlichen Unzucht, die Sodomie und die Nekrophilie sollten nur Vergehen darstellen. Im Gegenzug sei aber jegliche Unterscheidung zwischen einzelnen Begehungsformen fallen zu lassen.648 Die als Vergehen einzustufenden Unzuchtsformen sollten mit Gefängnis von vier Wochen bis zu einem Jahr bestraft werden. Für das Verbrechen der Unzucht zwischen Personen desselben Geschlechts sah der Hoegelsche Entwurf Kerker von einem Jahr bis zu fünf Jahren vor. Hatte die Tat eine schwere Körperbeschädigung oder Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit zur Folge, drohte Kerker von drei bis zehn Jahren; bei tödlicher Körperverletzung erhöhte sich die Strafdro- hung auf Kerker von fünf bis 20 Jahren. Personen unter 16 Jahren soll- ten straflos bleiben, wenn sie zur Tat verführt worden waren.649 643 Hoegel Hugo, Teilreformen 167. 644 Hoegel Hugo, Die Reform des Strafrechts. VIII. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit, DJZ 1908, 110 ( 114 ). 645 Hoegel Hugo, Teilreformen 167. 646 Vgl Hoegel Hugo, DJZ 1908, 114. 647 Vgl Hoegel Hugo, Der Gerichtssaal 1897, 120; Hoegel Hugo, Teilreformen 167. 648 Vgl Hoegel Hugo, Teilreformen 168. 649 Vgl Hoegel Hugo, Teilreformen 175.
back to the  book Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin"
Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Verkehrte Leidenschaft