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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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284 VII. Von der Anzeige zur Anklage Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ den zum Zeitpunkt der vermeintlichen Tat 33-jährigen Josef Sch. in Er- fahrung zu bringen suchten, » ob damals [ … ] im Bette des Gasthofes Spuren von Samenerguss bemerkt wurden « 1212, fehlte es nicht nur an al- lenfalls einmal vorhanden gewesenen Spuren, auch jede mögliche Erin- nerung daran war geschwunden. Der als Zeuge befragte Revierinspektor Johann L. gab an, » er wisse sich an nichts sonst mehr zu erinnern, als was in der Anzeige steht « 1213. Rascher und aus sicherheitsbehördlicher Sicht erfolgreicher verliefen die Ermittlungen gegen den 32-jährigen Schuhmacher Josef Zw., der verdächtigt wurde, den Gemeindearmen Franz S. zu widernatürlicher Unzucht missbraucht zu haben. Die An- zeige führte die Gendarmeriebeamten zunächst zum vermeintlichen Schauplatz der Vorfälle: » Auf der von S. als den letzten Unzuchtsplatz bezeichneten Stelle konnte man beobachten, dass vom Fußsteige durch das ca. 10 m breite Haferfeld Fußspuren zweier Personen hinter die dort stehenden Bäume ( Jugend ) führten. Hinter dieser sah man zusammen- gelegenes Gras. « 1214 Einen Tag nach der Anzeige wurde vermeldet, dass die von Josef Zw. am kritischen Tag getragene Kleidung beschlagnahmt worden war. Sie wies Grasreste und Grasflecken auf, außerdem fanden sich auf der » Unterhose [ … ] beim Schlitz Flecken vom Geschlechts- teil, am unteren Rande des Hemdes vorne Flecken vom Geschlechts- teile. « 1215 Sowohl die Eile, mit der die Gendarmen zum Augenschein schritten, als auch die Beschlagnahme sämtlicher von Josef Zw. getra- genen Kleidungsstücke entsprachen ganz der in der kriminalistischen Literatur empfohlenen Vorgehensweise, die dazu riet, » bezüglich des Mitnehmens nicht wählerisch « 1216 zu sein. So nahm denn auch der Kri- minalbeamte, der den 38-jährigen stellenlosen Schauspieler Franz Pr. und den 26-jährigen Schneidergehilfen Max Sch. wegen angeblich in einem Fremdenzimmer des Gasthauses » Zur goldenen Sense « in Linz 1212 OÖLA, BG / LG Linz Sch 285, Vr II E 3007 / 20, Schreiben vom 27. Juni 1922. 1213 OÖLA, BG / LG Linz Sch 285, Vr II E 3007 / 20, Schreiben vom 12. Juli 1922. Josef Sch., der als Kontrollorgan bei der oö. Landesregierung tätig war, hatte gemeinsam mit zwei Gendarmen und zwei weiteren Kontrollorganen im Frühjahr 1920 Franz E. wegen Lebensmittelschmuggels festgenommen. Im Sommer 1920 beschuldigte Franz E. den Josef Sch., an ihm Analverkehr verübt zu haben. Weshalb zwischen der Anzeige und dem Vorverfahren schließlich über zwei Jahre vergingen, lässt sich dem Akt nicht entnehmen. 1214 OÖLA, BG / LG Linz Sch 344, 11 Vr 858 / 29, Anzeige vom 4. Juni 1929. 1215 OÖLA, BG / LG Linz Sch 344, 11 Vr 858 / 29, Nachtragsanzeige vom 5. Juni 1929. 1216 Gross Hans / Höpler Erwein, Handbuch I 7 263 f. Vgl auch Lichem Arnold, Ausfor- schungsdienst 61.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
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