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324 VII. Von der Anzeige zur Anklage
Elisabeth Greif • Verkehrte
Leidenschaft¶
D. » Er wird aber durch die beantragten Beweise
überwiesen werden « – Anklageschrift, Strafantrag und
Einstellung der Vorerhebungen und Voruntersuchung
Nach der Durchführung der Vorerhebungen, jedenfalls aber nachdem
der Untersuchungsrichter die Voruntersuchung geschlossen und dem
Staatsanwalt die Akten übersandt hatte, musste dieser entscheiden, ob
seiner Ansicht nach ausreichend Gründe vorlagen, um gegen eine oder
mehrere bestimmte Personen die Anklage zu erheben.1471 In der Ankla-
geschrift, die der Jurist und Oberstaatsanwalt Alfred Amschl als » vor-
nehmste[ . ] und schwierigste[ . ] Aufgabe « 1472 des Staatsanwaltes bezeich-
nete, manifestierte sich der Anklagegrundsatz: Sie war Voraussetzung
und Grundlage der Hauptverhandlung. § 207 StPO 1873 verlangte, die
Anklage schriftlich auszufertigen, unter Angabe des Namens des oder
der Beschuldigten; der strafbaren Handlungen, die den Beschuldigten
zur Last gelegt wurden; der Bestimmungen des Strafgesetzes, die die
Handlung unter Strafe stellten und des Gerichts, vor dem die Hauptver-
handlung stattfinden sollte. Ferner hatte die Anklage eine kurze Sach-
verhaltsdarstellung basierend auf den Ergebnissen der Vorerhebungen
und Voruntersuchung sowie eine Angabe der Beweismittel zu enthal-
ten, deren sich der öffentliche Ankläger im Hauptverfahren bedienen
wollte.1473 Die Anklageschriften mussten, wenn eine Voruntersuchung
stattgefunden hatte, bei dem Richter, der die Voruntersuchung geführt
hatte, andernfalls beim Vorsitzenden der Ratskammer eingebracht wer-
den. Sie sollten dem Wunsch nach » nüchterner, geschäftsmännischer,
vor allen Dingen leidenschaftsloser « 1474 Darstellung entsprechen und
sich im Regelfall » alle[ r ] Wendungen, welche die Schuld vorwegneh-
men « 1475 enthalten. Die Anklageschrift reduzierte die Fülle der Ereig-
1471 Vgl Gleispach Wenzeslaus, Strafverfahren 2 214, 218 ff. In dem Falle, dass eine Vor-
untersuchung stattgefunden hatte, stand dem Staatsanwalt nach Einlangen der
Akten des Untersuchungsrichters eine Frist von acht Tagen offen, innerhalb derer
über die Anklageerhebung zu entscheiden war.
1472 Amschl Alfred, Beiträge I 2 93.
1473 Vgl Lohsing Ernst, Strafprozeßrecht 3 309 f.
1474 Glaser Julius, Handbuch des Strafprozesses II ( 1885 ) 472.
1475 Amschl Alfred, Beiträge I 2 93. Ausnahmen finden sich in OÖLA, BG / LG Linz Sch
342, 12 Vr 650 / 29, Anklageschrift vom 11. Mai 1929: » Aus dem Verhalten des An-
geklagten bei der Betretung durch das Polizeiorgan und insbesondere durch die
Zg. Aussage des Rev. Insp. M. selbst ist die Schuld des Angeklagten im Sinne der
Anklage erweislich. « und OÖLA, BG / LG Linz Sch 476, 6 Vr 716 / 36, Anklageschrift
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Verkehrte Leidenschaft
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
- Title
- Verkehrte Leidenschaft
- Subtitle
- Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
- Author
- Elisabeth Greif
- Publisher
- Jan Sramek Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0205-5
- Size
- 15.0 x 23.0 cm
- Pages
- 478
- Category
- Recht und Politik